Optisch sind sie klar zu unterscheiden, die Urlauber und die Gestrandeten des Fährunglücks vor Mallorca. Die einen laufen entspannt in Flip-Flops, Shorts und Sonnenbrillen durch die Hotellobby des „Carribbean Bay” in Arenal, am Handgelenk ein gelbes Bändchen, das sie als Hotelgäste ausweist. Die anderen haben normale Alltagskleidung – lange Hosen, dunkle Hemden, viele Rote-Kreuz-Tüten in der Hand und ein oder sogar zwei Handys am Ohr oder in Reichweite. Die Fährgesellschaft Transmediterránea hatte 82 Passagiere der ausgebrannten „Sorrento” im Hotel untergebracht, darunter auch eine Frau und ihr Baby, während 24 Residenten der Insel in ihren eigenen vier Wänden die Ereignisse des Tages verarbeiteten.
Andrés Aylaga Pérez war auf der Unglücksfähre. Sein Lkw, die Basis für seinen Lebensunterhalt als Selbstständiger, ebenfalls. Der ist am Dienstag in Flammen aufgegangen. Dem Mann, der jetzt verzweifelt versucht, in den Bus oder in das Taxi für den Flug nach Madrid zu kommen, merkt man das Ausmaß der Katastrophe an. Als er von dem Unglück erzählt, reißt er seine braunen Augen weit auf. Es habe fast nichts funktioniert, sagt er. Alles sei ein einziges Chaos gewesen. „Wir waren gerade im Unterdeck am Essen. Es war halb zwei, als jemand sagte, ‚es raucht’. Die Kellner wollten es zunächst nicht glauben. Wir gingen alle nach vorne, an die Spitze des Bootes. Es brach Panik aus, weil die Besatzung nicht wusste, was sie machen sollte. Es ist ja häufig so: es gibt einen Filipino, einen Chinesen und einen Russen. Untereinander können sie sich nicht gut verständigen. Am Ende mussten alle in die Rettungsboote. Aber sie wussten nicht, wie sie das Boot runterlassen sollen“, sagt Aylaga Pérez.
Im Rettungsboot hätten etwa 90 Menschen gesessen, es habe beim Herablassen jedes Mal gegen die Wand der Fähre geschlagen, so dass die Bootswände geknackt hätten. Ein Seil, was eigentlich hätte gelöst werden sollen, blieb hängen und riss am Ende. Unten im Wasser sei das Boot nicht angesprungen, weil es nicht betankt war. „Wir trieben etwa zehn Minuten umher. Dann haben wir die Ruder genommen und ruderten damit so gut es ging wieder zurück zur Fähre. Es war gefährlich, nah an dem großen Boot zu sein. Wasser fing an, in das Boot zu laufen. Es war schrecklich. Ein anderes Boot hat uns dann aufgenommen”, erzählt Andrés Aylaga, der lieber nicht fotografiert werden will.
In der Hotellobby fragt jemand laut, wer nach Valencia müsse. Es herrscht Aufbruchsstimmung, alle wollen so schnell wie möglich zurück nach Hause. Óscar Cordero Leyva muss nach Madrid, ist aber für Valencia gebucht. Er versucht, seinen Flug zu ändern. „Alles war chaotisch und wirr”, bestätigt er die Aussagen seines Vorredners. Im Hafen habe es keinen Psychologen gegeben, der sie nach der Ankunft betreut hätte, kritisiert er.
Das widerspricht allerdings den Angaben der Fährbetreiber. „Es waren die schlimmsten vier, fünf Stunden meines Lebens”, sagt der auf Mallorca lebende Manuel Oliver. Er habe Explosionen gehört und Gerüchte vernommen, dass der Stahl des Schiffes bereits heiß geworden sei. Am Ende blieb es aber alles bei einem Schock, ernsthaft verletzt wurde niemand.
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