Es ist ein Kampf für die Bewahrung von
Kulturgut, in einer Region, die Jahr für Jahr Millionen von
Touristen und immer mehr ausländische Einwanderer anzieht. Die
Angst vor dem Verlust der katalanischen Sprache heizt regelmäßig
die Gemüter der Insulaner an, wird von Politikern zum Stimmenfang
genutzt und vor allem von Zeitzeugen der Francodiktatur auf den
Balearen unterstützt, die noch die systematische Unterdrückung des
Inselidioms miterlebt haben.
Vor 25 Jahren entstand ein geradezu generalstabsmäßiger Plan.
Das Gesetz zur "Normalización Lingüistica", in Kraft seit dem 29.
April 1986, sollte den Gebrauch des Katalanischen in allen
Bereichen des öffentlichen Lebens regeln und fördern. Betroffen
sind davon Schüler, die seither zweisprachig unterrichtet werden,
Beamte im öffentlichen Dienst, die für ihren Job nachweisen müssen,
dass sie die Landessprache hinreichend beherrschen, und sogar
Putzfrauen, die in öffentlichen Gebäuden nur dann die Böden wischen
dürfen, wenn sie mit Prüfungen belegen können: "Parl el
català".
Schon drei Jahre vor dem Inkrafttreten des Sprachgesetzes, mit
der Einführung des ersten Autonomiestatuts der Balearen 1986, wurde
Katalanisch neben Spanisch zur zweiten offiziellen Landessprache
erklärt. Eine aktuelle Studie des Institutes für Statistik der
Balearen ("Ibestat") zeigt nun: Die Zahl der Katalanisch
sprechenden Einwohner auf den Balearen ist in den vergangenen
Jahren zwar nicht gesunken, wohl aber das Niveau beim Schreiben,
Lesen und Sprechen. Das liegt laut Studie nicht an einem
verminderten Interesse an der Regionalsprache, sondern an der
steigenden Zahl der Ausländer auf den Inseln. "Es müsste deshalb
Pflicht für alle Einwanderer sein, vernünftig Katalanisch zu
lernen", fordert Dorothea Ballermann. "Das große Problem ist doch,
dass nach wie vor unsere beiden offiziellen Landessprachen nicht
gleichberechtigt behandelt werden." Die Deutsche kämpft seit Jahren
für den Erhalt des "Català", ist bei der Vereinigung "Obra Cultural
Balear" (OCB) zuständig für interkulturelle Entwicklungen.
"Die Gesetzgebung ist einfach zu lasch, es gibt nicht genügend
kostenlose Sprachkurse, die Informationen über Katalanisch als
offizielle Sprache der Balearen müssten besser sein", fordert die
Deutsche. Eine absolute Gleichstellung der Sprachen, dies müsste
das Ziel der Sprachpolitik auf den Balearen sein.
Um dies zu erreichen, schießt nach Meinung vieler Residenten -
ausländischer und spanischer - die Inselregierung allerdings über
ihr Ziel hinaus (siehe Umfrage folgende Seite). Öffentliche
Mitteilungen des Govern werden mittlerweile ausschließlich in der
Regionalsprache veröffentlicht. Bescheide über geänderte
Verordnungen, mögliche Subventionen, versäumte Zahlungsanordnungen
oder neue Richtlinien im öffentlichen Gesundheitswesen bleiben
vielen Residenten unverständlich. "Es ist eine Frechheit, denn hier
wird schlicht die Existenz der zweiten offiziellen Landessprache
ignoriert", sagt Ursula Müller-Breitkreutz. Sie empfindet sich wie
viele andere als Opfer einer Region, in der beinahe schon
verzweifelt um den Erhalt einer Sprache gekämpft wird, die nur 46
Prozent der Balearenbevölkerung als ihre Muttersprache
bezeichnen.
Das war nicht immer so. Jahrhundertelang war das Katalanische
die Hauptsprache der Balearen, doch sie wurde oft unterdrückt: Von
aragonesischen Eroberern im 18. Jahrhundert, von den herrschenden
Bourbonen Mitte des 19. Jahrhunderts und vor allem während der
Franko-Diktatur (1939-1975), dessen Regime es im gesamten
katalanischen Sprachraum unter Strafe stellte, die Heimatsprache zu
sprechen, zu unterrichten oder zu publizieren. Historisch tief
verankert ist deshalb die Furcht vieler Einwohner des katalanischen
Sprachraumes, ihr Idiom könne eines Tages in Vergessenheit
geraten.
"Es herrscht einfach zu wenig Kenntnis darüber, welche Bedeutung
diese Sprache für die Balearen, Katalonien, Valencia, Andorra und
Teile Südfrankreichs hat", sagt Dorothea Ballermann. Elf Millionen
Menschen sprechen heute diese Sprache, mehr als Portugal oder
Griechenland Einwohner zählen. "Katalanisch wird von ignoranten
Ausländern oft als unwichtige, von einer kleinen Minderheit
gesprochenen Regionalsprache abgetan. Es sollte mehr Respekt
herrschen gegenüber diesem wichtigen Stück Kultur."
Die Jugend auf den Balearen, auch das zeigt die Ibestat-Studie,
beherrscht die Regionalsprache in Schrift und Wort meist besser als
die Alten. "Generación normalizada" wird sie deshalb nicht ohne
Stolz im Bildungswesen genannt. Der Katalanisch-Unterricht vom
Kindergarten bis zum Abi macht aus ihnen deshalb allerdings noch
lange keine Nutzer dieser Sprache. Einmal raus aus der Schule,
zeigt die Studie, ist die "Llengua Catalanà" bei vielen schnell
vergessen.
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