Felipe hatte einen Traum. Er sah einen
Hund vor sich, klein und braun, quirlig und verspielt. Wie in einem
Film sah der damals 17-Jährige, der unter dem Down-Syndrom leidet,
das Tier vor sich. „Als mein Sohn aufwachte, wollte er unbedingt so
ein Tier haben“, erzählt Ruth Baumann. „Wir haben überall nach dem
passenden Hund gesucht, haben unzählige Tierheime abgeklappert,
denn Felipe wusste genau, wie er aussehen musste.“
Im städtischen Tierheim Son Reus in Palma wurden sie fündig.
Dort saß die kleine Mischlingshündin, die sie „Charqui“ tauften.
„Eine ganz liebe Hündin, sie ist jetzt schon seit vier Jahren bei
uns, und wir haben nur gute Erfahrungen mit ihr gemacht“, sagt Ruth
Baumann.
So wie der Chilenin und ihrem Sohn geht es vielen Menschen, die
sich entscheiden, einen Hund aus dem Tierheim zu sich zu nehmen.
Regelrecht dankbar seien diese Tiere häufig, so, als wüssten sie,
dass man sie vor einem Leben im Tierheim gerettet habe. „Sie sind
oft viel anhänglicher als Hunde, die vom Züchter stammen“, sagt
Denise Latocha.
Die Deutsche aus Felanitx hat schon öfter Hunde gehabt,
entschied sich aber Ende vergangenen Jahres erstmals, ein
herrenloses Tier zu adoptieren: den Schäferhundmischling „Álvaro“
vom Tierschutzverein „First Aid Animales Mallorca“ aus Felanitx.
„Er war wie erleichtert, als wir ihn mit nach Hause nahmen“,
erinnert sich Denise heute.
Der Hund sei von Anfang an sehr anhänglich gewesen, lieb und
vollkommen unkompliziert. Nur im ersten Monat habe er Angst vor
Männern gezeigt. „Er wirkte verstört, hat sich versteckt, wenn er
eine unbekannte Männerstimme hörte.“ Aber nach ein paar Wochen
beruhigte er sich, und heute sei Álvaro der Liebling der
Bürogemeinschaft, in der seine Besitzerin arbeitet.
Tiere aus dem Heim zu holen, das ist auch laut Tierschützern und
Veterinären eine echte „Win-win-Situation“. „Man gibt einerseits
Tieren ein Zuhause, die sonst im Heim leben müssten oder gar
getötet würden, andererseits habe man zum Beispiel die Gelegenheit,
ein erwachsenes Tier zu sich zu nehmen, das schon stubenrein ist,
zumindest den Grundgehorsam gelernt hat und bei dem man auch die
endgültige Körpergröße sieht“, sagt Astrid Behr, Pressesprecherin
des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte in Frankfurt.
Und es sei ein Vorurteil, dass Tiere aus dem Heim grundsätzlich
einen komplizierteren Charakter hätten. Das Gegenteil sei der Fall.
Selbst wenn die Hunde zuvor schlechte Erfahrungen mit Menschen
gemacht haben, heißt das nicht, dass sie deswegen automatisch
schwierig seien, so Behr.
Ein wichtiger Punkt sei natürlich auch die Entlastung der Heime,
sagt Petra Steiner, Mitarbeiterin der Dachorganisation der
Tierschutzvereine der Balearen, „Baldea“. Sie könne nur jedem
künftigen Hundebesitzer raten, sich in einem der Tierheime der
Insel umzusehen. „Die Tiere sind oft geimpft und gechipt, und es
gibt vom Welpen bis zum erwachsenen Tier eine große Auswahl.”
Ein Gang zum Tierarzt sei nach der Anschaffung unerlässlich, um
sicher zu sein, dass die Hunde gesund seien. „Flöhe haben natürlich
die meisten am Anfang, aber das hat man mit einem Bad schnell im
Griff“, sagt Heike Soika. Die Deutsche aus Llucmajor hat schon oft
Hunde aus Tierheimen geholt - und immer gute Erfahrungen gemacht.
„Das erste Tier haben wir aus Teneriffa mitgebracht, unseren
„Struppi“ haben wir vor zwei Wochen aus dem Tierheim in Llucmajor
geholt.“ Es sei dunkel gewesen, sie hätten kaum etwas gesehen. „Der
Hund stand etwas abseits von den anderen, hat nicht gebellt, ich
wusste sofort, dass wir ihn mitnehmen würden.“
32 Euro haben die Soikas für den elf Kilogramm schweren
Bodenko-Mischling gezahlt, Impfungen oder einen Chip hatte er noch
nicht. Das wurde bei Sofia Kohmann in der Euro-Tierklinik in Arenal
nachgeholt, dort bekam der rund ein Jahr alte Hund auch seinen
ersten „Gesundheits-Check“. „Wir haben viele Klienten, die einen
Hund aus dem Tierheim haben, und wir beobachten, dass sowohl Tiere
als auch Halter fast immer glücklich damit sind“, sagt die
Tierärztin.
Die Schweizerin Renate Bach holte sich sogar zwei Vierbeiner aus
dem Heim in Felanitx. „Bei „Chico“ war es eigentlich der Hund, der
sich uns ausgesucht hat“, erinnert sich die Besitzerin einer Finca
bei Campos. „Er kam sofort auf uns zugelaufen, ist lieb und
anhänglich.“ Aber es fehlte ihm Gesellschaft. „Also fuhren wir
nochmal nach Felanitx, und dort suchte sich Chico seine Freundin
Bonnie aus“, erzählt Renate Bach.
Wer sich nicht sicher ist, welcher Hund passt, sollte sich laut
Tierärzten immer mit den Pflegern unterhalten. Die Mitarbeiter
wüssten am besten, wie sich ein Tier verhält und kennen seine
Eigenarten. Aber auch das Bauchgefühl sei wichtig. „Man sollte
nicht sagen ,der sieht schön aus', sondern sich fragen, ob man
einen Draht zu dem Tier verspürt oder nicht“, rät Astrid Behr.
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