Auf die Balearen rollt ein Generalstreik zu, der den Archipel am
29. September, ein Mittwoch, lahmzulegen droht. „Unser Ziel ist es,
dass sämtliche Aktivitäten in der Arbeit und der Wirtschaft
stillstehen”, sagt der Sprecher der Gewerkschaft UGT, Manuel
Pelarda. Wie die sozialistische Gewerkschaft auf den Balearen rufen
auch andere Arbeitnehmerorganisationen wie Comisiones Obreras zur
Teilnahme an dem spanienweiten Generalstreik auf.
Noch ist umstritten, wie hoch die Beteiligung der Arbeitnehmer
an der „huelga general” sein wird. Auch hat die Balearen-Regierung
noch nicht darüber entschieden, in welchen Bereichen sie wie viele
Mindest-Dienstleistungen vorschreiben wird, damit ein Teilbetrieb
in Schulen, Kliniken und Verkehrsbetrieben aufrechterhalten
wird.
Schon jetzt zeichnet sich jedoch ab, dass es in dem Konflikt
hart zur Sache gehen wird. Beispiel Busverkehr: Die Gewerkschaften
bezeichnen die Beförderung von Touristen per Bus zum Hotel oder zum
Flughafen als privatunternehmerische Tätigkeit, für die keine
gesetzlichen Mindestdienstleistungen vorzusehen seien. Gänzlich
anders sieht das der Arbeitgeberverband für das Transportgewerbe:
„Wir fordern, die Mindestdienstleistungen in Höhe von 80 Prozent
festzuschreiben”, sagt der Verbandsgeschäftsführer Salvador
Servera. Nach seinen Worten sei das Verkehrswesen für die
Balearen-Wirtschaft von strategischer Bedeutung. In ihrem Zentrum
befinde sich der Airport Palmas. Hier rechnet Servera mit den
härtesten Auseinandersetzungen. Es liege auf der Hand, dass die
Gewerkschaften versuchen werden, Son Sant Joan so intensiv wie
möglich zu bestreiken.
Bei den Fluggesellschaften verhält man sich vorerst abwartend.
„Wir müssen sehen, welche Mindestdienstleistungen für den Betrieb
am Airport festgeschrieben werden und entscheiden dann, ob wir
zusätzliche Eigenmaßnahmen ergreifen”, sagt der Spanien-Sprecher
für Condor, Carsten Sasse. Präventiv könnten beispielsweise
Passagiere, die ihren Flug für den 29. September terminiert haben,
auf einen Tag davor oder danach umgebucht werden.
Air-Berlin-Spanien-Direktor Álvaro Middelmann gab sich
zuversichtlich, dass für den Airport ausreichend
Mindestdienstleistungen festgeschrieben werden.
Nach Salvador Serveras Worten werden für den Streiktag allein am
Flughafen Palma 85.000 Passagiere erwartet. Auf Ibiza sind es
22.000 und auf Menorca 12.000. Sein Verband fordert zudem
Mindestdienstleistungen für den öffentlichen Nahverkehr, die Bahnen
und Überlandbusse.
Die Gewerkschaften protestieren mit dem Generalstreik gegen die
Arbeitsmarktreform des spanischen Ministerpräsidenten José Luis
Rodríguez Zapatero. Jüngster Auslöser der Empörung bei den
Arbeiterorganisationen ist der gelockerte Kündigungsschutz, den die
sozialistische Regierung in Madrid vergangene Woche mit hauchdünner
Mehrheit im Parlament verabschiedet hatte. Der Unmut über den
Sozialisten Zapatero schwelt bei der sozialistischen UGT schon
lange. Den Auftakt bildete das Sparpaket, das Zapatero zu
Jahresbeginn auf den Weg brachte und womit er die Beamtengehälter
und Pensionen kürzte. Die Ankündigung, den Eintritt ins Rentenalter
von 65 auf 67 Jahre zu verschieben, ist für die Gewerkschaften ein
weiterer Punkt in Zapateros „Horrorkatalog”. Der Politiker will die
Rentenreform noch bis Jahresende unter Dach und Fach bringen. Die
Gewerkschaftsfunktionäre verkünden dagegen, der Generalstreik werde
die Regierung zwingen, die Reformen zurückzunehmen.
Für den UGT-Sprecher Pelarda besteht kein Zweifel daran, dass
der Aufruf zum Generalstreik von vielen Menschen befolgt wird. „Das
wird ein harter Streik, und die Streikposten werden hart vorgehen.
Wir haben keine Zweifel: Das wird ein Erfolg.”
Die Arbeitgeberseite will dem vorerst nicht zustimmen. In Zeiten
wirtschaftlicher Krise sorgen sich die Menschen um ihre Jobs. Ihnen
stehe der Sinn nicht nach Streik, sagte ein Sprecher. Schon die
Streikaktionen der Beamten und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst
im Mai hätten nur wenig Unterstützung erfahren.
So beschränken sich die Unternehmer auf floskelhafte Formen.
„Wir respektieren das Recht der Arbeitnehmer auf Streik, immer
dann, wenn die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden”, sagte der
Präsident des Arbeitgeberverbandes Caeb, Josep Oliver. Angesichts
der konjunkturellen Probleme halte er den Zeitpunkt der „huelga
general” für unpassend. Ähnlich skeptisch äußerte sich der Chef der
mallorquinischen Handelskammer, Juan Gual de Torella. Damit die
Unternehmen Wohlstand für Betrieb und Beschäftigte erbringen
könnten, seien mitunter strukturelle Reformen notwendig, die teils
„traumatisch” erschienen. In Mallorcas Hotellerie stimmen die
Funktionäre noch ihre Forderungen ab. Aber auch sie wollen für ihre
Gäste Mindestdienstleistungen durchsetzen.
Wie schon bei den ersten beiden Generalstreiks in der spanischen
Demokratie, 1988 und 2002, werden viele Geschäfte geschlossen
haben, teils, weil die Inhaber und Mitarbeiter die Forderungen der
Gewerkschaften für berechtigt halten, teils aber auch aus Angst vor
Streikposten, die durch ihr kämpferisches Auftreten die Schließung
erzwingen.
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