Sein Rekord, sagt Tom, waren fünf Tage. Fünf aufeinanderfolgende
Tage, an denen er und seine Freunde nur eines im Sinn hatten:
Warten auf die perfekte Welle. Mit Surfbrettern, Campingbus und
spartanischer Verpflegung waren sie aufgebrochen in den Norden der
Insel, genauer gesagt an den Strand von Son Serra de Marina, um
einen Tag auf den Wellen zu reiten. Wind und Seegang, so erinnert
sich der Surfer, waren am Ende so gut, "dass wir einen Tag nach dem
anderen drangehängt haben".
Tom war damals mit seinen 14 Jahren der jüngste in der Gruppe,
musste täglich bei den Eltern anrufen, um "Verlängerung" zu
erbitten. "Meine Eltern hatten zum Glück nichts dagegen, ihnen ist
es lieber, ich treibe meinen Sport, als vor der Playstation zu
hängen." Als der Proviant am dritten Tag zur Neige ging, wurden sie
von wohltätigen Anwohnern verpflegt.
Surfen auf Mallorca, geht das überhaupt? "Viele denken, dazu
muss man nach Hawaii, Brasilien oder Kalifornien, aber das stimmt
nicht." Tom Rohde Pearce stand mit zwölf Jahren zum ersten Mal auf
dem Brett, während einer Neuseeland-Reise mit seinen Eltern und den
beiden Brüdern. Als die Familie nach dem Urlaub wieder nach
Mallorca zurückkehrte, entdeckte er die Surfer-Szene der Insel.
"Hier gibt es nicht die konstanten Wellen, die andere Orte auf der
Welt zu berühmten Surfer-Treffs gemacht haben", erklärt der
Schüler. "Aber wenn man weiß, wo und wann die Bedingungen gut sind,
kann man auch auf Mallorca das ganze Jahr über surfen."
Treffpunkt der kleinen, aber ambitionierten Gemeinde der
Insel-Surfer ist im Sommer der Norden mit Buchten wie Colònia de
Son Serra, der Cala Mesquida und der Cala Agulla, im Winter vor
allem die Buchten von Peguera und Calamajor. Wind- und
Wellenverhältnisse werden dann akribisch auf speziellen Webseiten
wie mallorcasurf. com, surfmediterraneo. com, todosurf.com oder
windguru.com verfolgt. "Hier sehen wir nicht nur die
Wettervorhersagen mit Windrichtung und Windstärken, sondern vor
allem auch die Höhe und Frequenz der Wellen, die dort rollen",
erklärt Tom.
Bis zu drei Meter hohe Brecher habe er hier schon erlebt, nach
auflandigem Wind, der manchmal schon längst abgeflaut ist, wenn die
See noch lange tobt. Dann liegen die Surfer oft stundenlang im
Wasser und warten immer wieder auf die perfekte "Ola". "Wellen
kommen in regelmäßigen Serien, generell kann man sagen, dass bei
rund 25 Wellen eine Serie von drei oder vier in Folge kommen, die
super geeignet sind. Von diesen vieren versuchen wir dann eine zu
erwischen."
Besonders schwierig seien die "Offshore-Waves", die durch
ablandigen Wind entstehen. "Das ist, als ob der Wind sich unters
Wasser drängt und die Welle von unten hochhebt. Wenn du die nicht
richtig erwischst, schlägt es dich ganz schön runter."
Für das perfekte Brett pilgern laut Tom die meisten
Mallorca-Surfer übrigens zum sogenannten "Shaper" Esteban Rombin.
3000 Surfbretter hat der gebürtige Uruguayer seit 1988 schon
"geshapt", inzwischen ist er laut Mallorcas Surfer-Shop "Switch
People" mit seinen "Panic Point-Brettern" weit über die Insel
hinaus bekannt. Ab 300 Euro muss man bei Esteban für ein Brett
bezahlen, dass dann gemäß Körpergröße, Gewicht und Anforderungen
nach Maß hergestellt wird.
Wenn Websites oder Mund-zu-Mund-Propaganda also bewegte See
voraussagen, dann packen die Wassersportler oft schon in der Nacht
zuvor ihre Sachen und schlafen am Strand, um morgens die Ersten auf
dem Wasser zu sein. Weiß man denn, ob am nächsten Morgen noch Wind
ist? "Nein, aber wir brauchen ja auch keinen Wind, sondern Wellen",
erklärt Tom. Die rollen nämlich auch dann noch, wenn sich der Sturm
längst gelegt hat. "Es gibt in der Frühe auch nicht unbedingt
bessere Wellen als mittags, aber wir sind morgens alleine auf dem
Meer, bei Sonnenaufgang, das ist schon ein besonderes
Erlebnis."
Sagt einer, der mit seinen 15 Jahren schon in Neuseeland, Sri
Lanka und Costa Rica auf dem Brett stand. Zu verdanken hat er das
seiner Familie, genauer gesagt seinem Vater Stuart Pearce. Der
gebürtige Engländer, der seit seinem achten Lebensjahr auf Mallorca
lebt, ist professioneller Fotograf, und nimmt seine Familie - die
Söhne und seine dänische Frau Britt - seit Jahren im Winter mit auf
Reisen für Fotoreportagen. "In diesem Jahr geht's nach Ecuador",
freut sich Tom.
Das nächste große Ereignis auf Mallorca ist am 21. und 22.
August aber erstmal die "Mallorca Surf Action" am Strand von Can
Pastilla obwohl hier Nomen nicht Omen ist. "So ungefähr das
Einzige, was man hier nicht sieht, sind Wellenreiter", meint Tom.
Trotzdem ist es für ihn und seine Freunde eine
Pflichtveranstaltung. Denn wenn die Jungs nicht auf dem Surfbrett
stehen, rollen sie mit dem Longboard oder Skateboard über die
Insel.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.