Wenn die Kameras aus sind, soll er ja fast
schüchtern wirken – aber davon hat Bernd Jogalla, damals
MM-Redakteur, nicht viel gemerkt, als Stefan Raab im September 1994
in der Redaktion in Palmas Calle Sant Feliu auftaucht: „Wollt ihr
eine Geschichte über mich bringen?”, hat er vorher gefragt, und zum
Interview bringt Stefan Raab dann außer sich selbst noch eine grüne
Spielzeuggitarre mit.
Bei MM ist der 28-Jährige mit der coolen Sonnenbrille
damals eher noch ein unbeschriebenes Blatt – die deutschen Medien
allerdings können sich gerade kaum wieder einkriegen: Stefan Raab
hat mit seinem Song „Böörti Vogts” – ein Eurovision-angelen(a)tes
Remake jetzt zum WM-Start hätte er bestimmt auch noch zu Gold
gemacht! – die ZDF-Hitparade gestürmt. Auf Raabsche Art, versteht
sich: „Hitparade: Sieger randalierte – Moderator in Klinik”, titelt
etwa die „Bild am Sonntag”. Alles Quatsch, so der Gebrandmarkte im
MM-Gespräch damals: Den Pokal habe er nur wegen feuchter Hände
fallen gelassen, und dass Moderator Uwe Hübner schon im Vorfeld mit
angeknacksten Rippen vor der Kamera stand, habe er schließlich
nicht wissen können, als er ihm, nicht zimperlich, aus Jux
Handschellen angelegt habe.
Ein Jahr vor dem Besuch in der MM-Redaktion hat die
Fernsehkarriere des Metzgerssohnes aus Köln-Sülz – kein Scherz! –
eher zufällig begonnen: Beim Musiksender Viva wollte er eigentlich
seine Programm-Jingles anbieten. Ein Casting später ist er
Moderator von „Vivasion” (bis 1998), von der er im MM-Interview
damals sagt: „Das Prinzip der Sendung ist keines.” Aufnahmeleiter
Marcus Wolter, der ihn entdeckt hat, entwickelt später auch die
Show „TV total”, die Raab ab 1999 auf Pro 7 moderiert. Ein Jahr
zuvor hat er bereits sein Debüt beim „Eurovision Song Contest”
(ESC): Unter dem Pseudonym Alf Igel komponiert er „Guildo hat euch
lieb” für Guildo Horn, der immerhin auf Platz 7 landet. Ein Jahr
später singt der Komponist höchstselbst beim ESC: „Wadde hadde
dudde da?” schafft's auf Platz fünf. Und nun: Lenamania all over
Europe.
Wer hätte das damals, in der MM-Redaktion, ahnen können? In
ihrer aktuellen Ausgabe nennt die „Bild am Sonntag” Stefan Raab den
„derzeit mächtigsten Mann der deutschen Unterhaltungsindustrie”.
Bei seinem Mallorca-Trip '94 marschiert er noch mit einem
Fünf-Mann-Team die Playa de Palma entlang – „ohne Konzept, ohne
Vorbereitung”, versteht sich –, doch mit der festen Überzeugung,
dass „hier in der Nachsaison viele Gestalten jenseits von Gut und
Böse aufeinandertreffen”. Bekannte Gesichter der Insel will er auch
vor die Kamera holen, „Mietwagenkönig Hasso” und, klar, Michael
Douglas. Unerschütterlich sein Selbstbewusstsein schon damals –
genau wie seine Hartnäckigkeit: „Wir kommen von hinten und von
vorne.” So macht er das bis heute – an Raab kommt eben keiner
vorbei. Übrigens: Seine Spielzeuggitarre hat er damals bei
MM vergessen, beim Umzug der Redaktion ging sie leider
verloren. Na ja, er hat es ja auch so geschafft.
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