Rafael Nadal hat reichlich Bodenhaftung - nicht nur, wenn er
sich nach einem seiner Turniersiege wie üblich vor Freude auf dem
Tennisplatz wälzt. Skandale und Starallüren sind von dem
24-Jährigen nicht zu erwarten. Während es andere Sportler seines
Kalibers in die Steuerparadiese dieser Welt zieht, lebt er noch
immer in seinem Heimatort Manacor im Osten Mallorcas. Zumindest die
tennisfreie Zeit pflegt er in der Heimat zu verbringen, seine
Lebensgefährtin kennt er seit Kinderjahren.
Selbst als er einmal mit seinem Geländewagen eine Straßenlaterne
rammte, war er nicht etwa betrunken - er hatte als Fahranfänger
schlicht und einfach die Pferdestärken nicht unter Kontrolle.
Interviews gibt er kaum, und wenn, dann zeigt er sich stets
bescheiden, zurückhaltend und ein wenig schüchtern. Die Welt des
Glamours ist ihm fremd. Weder in TV-Shows lässt er sich blicken,
noch auf Promi-Partys oder in den einschlägigen Edel-Diskotheken.
Die größte Extravaganz, die er sich bislang geleistet hat, war sein
Auftritt in einem Musikvideo der kolumbianischen Sängerin
Shakira.
Kein Wunder also, dass ihm jedermann den Erfolg zu gönnen
scheint. Selbst die Berechtigung des Millionenhonorars, das ihm die
Balearen-Regierung für seine Tätigkeit als Werbebotschafter der
Inseln überweist, stellt kaum einmal jemand in Frage. Die Presse
feiert ihn mit seitenlangen Lobeshymnen, selbst die Sportzeitung
"Marca", bei der üblicherweise neben Fußball kaum ein Thema Platz
findet, huldigte dem Tennis-Ass am Montag mit den zehn ersten
Seiten der Ausgabe. Zum fünften Mal hat Nadal am Wochenende die
French Open gewonnen und im Finale den Schweden Robin Söderling
deklassiert (6:4, 6:2, 6:4).
Nadal ist ein großer Kämpfer - auch das gefällt dem Publikum.
Keinen Ball gibt er verloren, mit großem Einsatz ringt er seine
Gegner nieder. Und wenn er dann gewonnen hat, dann lässt er seinen
Gefühlen freien Lauf. Üblicherweise bricht er nach Turniersiegen
wie vom Blitz getroffen zusammen und wälzt sich auf dem Boden. Dass
er dadurch stets sandverschmiert die Glückwunsche entgegen nimmt,
schert ihn nicht. Unmittelbar nach dem Sieg in Paris vergrub er
diesmal sein Gesicht in einem Handtuch - ein minutenlanger
Weinkrampf schüttelte ihn. Es war zuletzt nicht alles optimal
gelaufen, bei Rafael Nadal. Verletzungen hatten ihn zum Pausieren
gezwungen. Obendrein gaben seine Eltern bekannt, sich nach langen
Ehejahren trennen zu wollen - für den Familienmenschen Rafael Nadal
offensichtlich eine bittere Erfahrung.
Nun aber scheint er alle Widrigkeiten überwunden und die erste
größere Krise seiner Karriere hinter sich zu haben. Tatsächlich war
sein Aufstieg zur Nummer eins der Tenniswelt bislang atemberaubend.
15-jährig gewann er sein erstes Match bei einem ATP-Turnier, noch
als Teenager sammelte er seine ersten Titel als Profi und stieß in
die Top-Ten der Tenniswelt vor - wo er bis heute geblieben ist.
Mittlerweile hat er unzählige Rekorde aufgestellt. Spaniens
erfolgreichster Tennisspieler aller Zeiten ist er längst. Aber er
hat auch weltweite Bestmarken gesammelt: Niemand hat so viele
Masters-Turniere gewonnen, wie er (18). Keiner hat jemals so viele
Matches in Folge auf dem gleichen Belag gewonnen (81, auf Sand).
Mit seinen nun sieben Grand-Slam-Titeln liegt er zwar deutlich
hinter dem Schweizer Roger Federer (16). Ehemalige Weltstars wie
Boris Becker und Stefan Edberg hat er jedoch schon überholt (beide
gewannen sechsmal eines der vier wichtigsten Turniere).
46 Wochen lang stand Nadal bisher an der Spitze der
Tennis-Weltrangliste. Boris Becker schaffte in seiner gesamten
Karriere derer nur zehn. Nadal hat Olympia-Gold gewonnen (2008 in
Peking), den Davis-Cup schon zweimal und mit dem wichtigsten
Sportpreis Spaniens ist er auch schon ausgezeichnet worden (2008
bekam er den Prinz-von-Asturien-Preis). Viel zu gewinnen bleibt da
nicht. Grund genug, ein wenig abzuheben hätte Rafael Nadal also mit
Sicherheit.
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