TW
0

Mallorca Magazin: Herr Präsident, dem Sparzwang der Balearen-Regierung ist jetzt das Agrarministerium zum Opfer gefallen. Fühlen sich Mallorcas Winzer verwaist?
Pere Calafat: Schon. Politiker loben gerne die Bedeutung der Landwirtschaft als strategischer Sektor zur Diversifizierung der Wirtschaft auf den Inseln sowie die Rolle der Landwirte als Pfleger des Landschaftsbildes. Und dann so etwas! Aber für unsere tägliche Arbeit hat das keinerlei Auswirkungen.
MM: Spüren die Winzer die Wirtschaftskrise?
Calafat: Wir spüren sie, aber wenig. Die Verkäufe gehen langsamer über die Bühne als 2009. Es hat jedoch kein Weingut aufgeben und schließen müssen.
MM: Aber die Absätze sind gesunken?
Calafat: Die großen Abnehmer kaufen weniger häufig oder geringere Mengen ein. Ich schätze den Rückgang für 2010 auf zehn bis 15 Prozent.
MM: Wie wirkt sich der Rückgang auf den Preis aus?
Calafat: Seit Mitte der 1990er Jahre sind die Preis für Insel-Wein gestiegen. Damit ist es nun vorbei. Die Preise werden nicht weiter steigen.
MM: Sind die Preise nicht zu hoch?
Calafat: Die Mallorca-Weine gelten als teuer. Aber das stimmt so nicht. Sie sind nicht teurer als Wein aus Frankreich, dem Priorat oder der Ribera del Duero. Sicherlich sind unsere Inselgewächse teurer als billiger Wein im Supermarkt. Man kann im Handel Inselweine für nahezu drei Euro finden, für fünf, sieben, neun, zwölf Euro. Aber es stimmt: Du wirst keinen Inselwein für einen Euro finden.
MM: Wie wollen Sie der Absatzkrise begegnen?
Calafat: Gegen Massenware kommen wir nicht an. Wir müssen weiter auf die Qualität und die Andersartigkeit unserer Weine setzten, auf unsere heimischen Rebsorten, mit denen wir ein Alleinstellungsmerkmal haben und uns von anderen Anbaugebieten abheben. Niemand kann uns bei Manto Negro oder Prensal Blanc Konkurrenz machen. Diese Sorten werden – außer auf Mallorca – nirgendwo sonst angebaut.
MM: Dennoch hat Ihre Organisation vor vier Monaten die Mindestanteile von Manto Negro in Weinflaschen mit DO-Herkunftssiegel verringert. Warum?
Calafat: Zugegeben, dieser Schritt mag widersprüchlich erscheinen. Bislang legten die Statuten fest, dass der Anteil des Manto Negro in der Flasche mindestens 50 Prozent betragen muss. Nun haben wir aber die Situation, dass die Manto-Negro-Weinstöcke nur noch auf 40 Prozent der roten Rebflächen wachsen. Das führt zu Verzerrungen.
MM: Warum pflanzen die Winzer weniger Manto Negro an? Mögen sie ihre autochthone Inselrebe nicht mehr?
Calafat: Doch, natürlich. Und die Manto-Negro-Anbaufläche ist auch viel größer als früher. Aber andere Rebsorten wie Cabernet oder Merlot haben proportional noch stärker zugelegt.
MM: Also sind die französischen Edelsorten doch gefragter?
Calafat: Nein. Das Problem ist folgendes: In der globalisierten Agrarindustrie mit ihren Einheits-Standards ist es extrem schwierig, Manto-Negro-Setzlinge zu erhalten. Wenn du 10.000 Merlot-Setzlinge brauchst, genügt ein Anruf, und die Pflanzen werden innerhalb von Stunden geliefert. Bei Manto Negro gibt es so gut wie niemanden, der das Pflanzenmaterial vorhält.
MM: Winzer können herzhaft streiten. War es innerhalb der DO leicht, sich auf die Absenkung zu einigen?
Calafat: Das war der Konsens, nach langem Dialog. Ohne die Einigung hätte die Gefahr einer Abwanderung von Mitgliedern oder gar einer Spaltung der DO bestanden.
MM: Besteht nicht eher die Gefahr, dass die Absenkung des Mindestanteils für Manto Negro nach außen hin aufgefasst werden könnte als stiller Abschied der DO-Winzer von ihrer heimischen Inselrebe?
Calafat: Nein. Wir sind nach wie vor die einzige Weinbau-Organisation auf den Balearen, die überhaupt einen Mindestanteil vorschreibt. Darüber hinaus bereiten wir ein neues, zusätzliches Logo vor, an dem der Verbraucher leicht jene Weine erkennen kann, die einen ausgesprochen hohen Anteil an inseltypischen Sorten haben, ab 65 Prozent und mehr.
MM: Die DO-Binissalem wird im kommenden Jahr 20 Jahre alt. Wie sehen Sie die DO der Zukunft?
Calafat: Wir werden noch gezielter auf Werbung setzen. Vor allem für unsere Weinroute. Viele Touristen sind erstaunt, wenn sie feststellen, das Mallorca nicht nur eine Badeinsel ist, sondern auch eine Weinbauregion.