Wenn sie in langen Büßergewändern und zu
Trommelwirbeln schweigend durch die Straßen ziehen, dann kann das
selbst bei den unbeteiligten Zuschauern eine Gänsehaut erzeugen.
Die Gesichter mit spitzen Kapuzen verhüllt, führen die religiösen
Bruderschaften überall in Spanien, so auch auf Mallorca, in der
Karwoche ihre Prozessionen durch. Gläubige und Schaulustige kommen
hier gleichermaßen zusammen, wenn die Mitglieder der "Cofradías" in
langen Märschen die Auferstehung Christi feiern. "Es ist jedes Jahr
wieder ein Erlebnis", sagt Tomás Darder, früherer Vorsitzender der
mallorquinischen Vereinigung der Bruderschaften (Associación de
Cofradías). Seit 45 Jahren ist der Mallorquiner Mitglied bei
"Nuestra Señora de la Esperança i de la Pau". Mit 15 Jahren, gerade
mit der Schule fertig und Lehrling in der "Banca March",
marschierte er mit in der Vereinigung, die der mallorquinischen
Bank bis heute sehr nahe steht. "Alle meine Kollegen redeten um
Ostern von nichts anderem, ich wurde irgendwie angesteckt." Heute
ist Darder pensioniert, in der Karwoche zieht er sich nach wie vor
das Büßergewand über. 119 Mitglieder hat seine Bruderschaft, "mehr
geht nicht, weil wir nicht mehr Gewänder haben und keine neuen
angefertigt werden". Lediglich ausgebessert werden die langen Roben
von Zeit zu Zeit.
Die Zahl 119 gehe zurück auf das Jahr 1950, in dem die Frau des
Bankengründers Juan March Ordinas - Leonor Servera - eine eigene,
gleichnamige "Cofradía" gründen wollte. "Da es aber nicht zwei
Gruppen desselben Namens geben kann, legten wir unsere Bruderschaft
mit ihren Anwärtern zusammen und sind seitdem 119 Mitglieder",
erklärt Darder. Hinzu kämen rund 100 "Costaleros", die Träger der
schweren Figuren, sowie die Musiker, die die Züge begleiten.
Insgesamt 32 Bruderschaften gibt es heute allein in Palma, auf der
ganzen Insel sind es laut Tomás Darder 233. Die älteste der
Cofradías auf Mallorca, "Cruz de Calatrava", stammt aus dem Jahre
1902.
Die Tradition, so erklärt Darder, gehe auf Mallorca aber bereits
ins 15. Jahrhundert zurück. Es sei eine Ehre, Mitglied in einer
Cofradía zu sein, und von jeher ziehen einige der einflussreichsten
Bürger der Stadt in der Karwoche im Büßergewand durch die Straßen
und tragen die schweren Christusfiguren durch die Stadt. Dies gehe
auf die Historie der Cofradías zurück, die laut Darder aus
Handwerksgilden, den sogenannten "Gremios" hervorgegangen sind.
"Früher waren es die Maurer-, Schuster- oder Tischlervereinigungen,
die in der Karwoche den Leidensweg Christi darstellten, denn
Handwerker waren immer angesehene Persönlichkeiten in einer Stadt."
Ob es schwierig sei, Mitglied zu werden in einer der
Bruderschaften? Nein, sagt Tomás Darder, es gebe zwei
Möglichkeiten. Entweder erben die Söhne die Mitgliedschaft von
ihren Vätern, oder man stellt einen offiziellen Antrag an die
Vereinigung. Zusammen mit der Empfehlung zweier Angehöriger einer
Bruderschaft sei der Eintritt dann eigentlich kein Problem. Auch
Frauen dürfen seit Jahren teilnehmen, und sind keineswegs immer in
der Minderzahl.
Eine Herausforderung sei es, in der Karwoche dafür zu sorgen,
dass die Wege der Prozessionen geregelt verlaufen, und die
Cofradías sich an den wichtigsten Tagen nicht auf die Füße treten.
Auftakt für die Umzüge ist immer der Palmsonntag, an dem auch mit
der Messe in der Kathedrale von Palma die Osterfeierlichkeiten
ihren Auftakt finden. "Unsere wichtigsten Tage sind aber der
Gründonnerstag und der Karfreitag." Bei der Prozession des Christus
vom Heiligen Blut, "Processó del Sant Crist de la Sang" sind dann
alle Büßer in die knöchellangen Gewänder und spitz zulaufenden
Kapuzen gehüllt, und tragen am Abend zu dumpfen Trommelschlägen das
schwere Christusbild durch die Stadt Palma. Diese sechsstündige
Prozession, erzählt Rafael Pericás, sei die Einzige, an der alle
Cofradías der Insel teilnehmen.
Am Karfreitag setzen sich die Büßergänge fort. Besonderer
Publikumsmagnet ist an diesem Tag der Kalvarienberg von Pollença,
auf dem man das Schauspiel des "Davallament" erleben kann. Bei
diesem Fest wird das letzte Kapitel des Leidenswegs Christi mit der
Kreuzabnahme nachstellt.
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