Seine Kindheit wurde beeinflusst durch
Menorca, seine Jugend durch sein Geburtsland Algerien, sein Leben
als Erwachsener führte er in Frankreich: der Nobelpreisträger für
Literatur, Albert Camus (1913 bis 1960). „Er war“, so Joana Mas,
„immer ein Mensch des Mittelmeeres.“
Sie hat, gemeinsam mit dem Regisseur Luis Ortas, einen
Dokumentarfilm gedreht, der die balearischen Wurzeln und deren
Auswirkungen auf sein Werk, beleuchtet: „Amour de vivre“.
„Viele Menorquiner wanderten erst im letzten Drittel des 19.
Jahrhunderts nach Algerien aus“, sagt Joana Mas. „In seinem
Geburtsort Mondovi waren unter den 29.000 Einwohnern 7000
Menorquiner. Meist Handwerker und kleine Händler.“ Auch die Familie
von Camus – die Mutter war eine geborene Sintes Cardona, die
Großmutter wurde 1857 in Sant Lluis geboren – war arm. Im Hause
Camus wurde neben Französisch auch noch weiterhin Menorquín
gesprochen. Das spiegelte sich später, als der begabte Camus zur
Elite der Intellektuellen in Frankreich zählte, in seiner Arbeit
wider.
„Camus spricht in seinem posthum erschienenen Werk Der erste
Mensch immer wieder über seine Kindheit. Algier, Tipasa oder
Djemila – Orte, auf die er in seiner Literatur zurückkommt – haben
bis heute noch menorquinisches Flair“, sagt Luis Ortas.
Seine Verbindung zu katalanischen Schriftstellern wie Joan
Maragall, Llorenc Villalonga oder Blai Bonet war eng. Er übersetzte
spanische Literaten wie Calderón de la Barca ins Französische.
In den frühen 1930er Jahren reiste Camus nach Ibiza, später nach
Palma. In seinen gesammelten Essays „L'Envers et l'Endroit“
(erschienen 1937) – Deutsch: Licht und Schatten – schrieb er über
Palma, über die Kirche Sant Francesc und über seinen Besuch auf
Ibiza. Diese Arbeiten gehören zum Poetischsten, was je über die
Balearen veröffentlicht wurde.
In dem Kapitel „Liebe zum Leben“ heißt es etwa unter anderem:
„In Palma zieht sich nachts das Leben langsam in die Viertel hinter
dem Markt zurück, wo in den Kaffeehäusern Musik gemacht wird:
Dunkel, stille Gassen, bis man zu den Türen gelangt, durch deren
Rollläden Licht und Töne sickern. Einmal habe ich beinahe eine
ganze Nacht in einem dieser Cafés zugebracht. Der Raum war
rechteckig, klein und sehr niedrig, grün gestrichen und mit rosa
Girlanden verziert. Die holzgetäfelte Decke war mit winzigen roten
Glühbirnen übersät. Wie durch ein Wunder fanden auf der kleinen
Fläche ein Orchester, eine Theke mit bunten Flaschen und das
Schulter an Schulter gezwängte Publikum Platz. ... Es gibt eine
gewisse Ungezwungenheit in der Freude, die ein Kennzeichen der
wahren Kultur bildet. Und die Spanier sind eines der wenigen Völker
Europas, die Kultur besitzen.“
Camus beeinflusste mit Romanen, Dramen und Essays maßgeblich das
europäische Geistesleben nach dem zweiten Weltkrieg. Der Absurdität
der menschlichen Existenz, welche er rational als sinnlos erkannte,
setzte Camus die unaufhörliche Suche nach einem Weg zur Erfüllung
des natürlichen Glücksverlangens entgegen.
In seinem Essay „Der Mensch in der Revolte“ (1951) zeigt Camus
einen Ausweg aus dem Nihilismus: in der Auflehnung gegen gegebene
Situationen, der Revolte. Die aktive Solidarität mit den
Mitmenschen als Lebensbejahung ermöglicht dabei die Bewältigung der
Sinnlosigkeit. Die wichtigsten Werke von Albert Camus sind die
Romane „Der Fremde“ und „Die Pest“ sowie die Dramen „Der
Belagerungszustand“ oder auch „Die Gerechten“. 1957 wurde Camus der
Nobelpreis für Literatur verliehen. Er starb 1960 durch einen
Autounfall. „Die Menorquiner in Algerien waren Emigranten“, sagt
Joana Mas. „Sie forderten Respekt, wie auch wir Respekt jenen
gegenüber haben sollten, die als Emigranten unter uns auf Mallorca
leben. Das wäre ganz im Sinne von Camus.“
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.