Wer anfängt, darauf zu achten, findet
sie überall: Sicherheitskameras überwachen heute beinahe jeden
Winkel des öffentlichen und oft auch des privaten Lebens.
Sie registrieren, wann man morgens das Haus verlässt, um welche
Uhrzeit man das Büro betritt, wie oft man am Bankschalter steht,
ins Kino geht, sich neue Schuhe kauft, was im Supermarkt im
Einkaufswagen landet oder welchen Weg man morgens zur Arbeit nimmt.
Die Kameras speichern, welches Auto man fährt, wer der Beifahrer
ist, wie oft die Geschwindigkeit übertreten wird oder wann man
falsch parkt.
Selbst Szenen aus dem privaten Wohnzimmer kann man im World Wide
Web finden, seit "Google Street View" mit Kameras seit wenigen
Monaten auch auf Mallorca durch die Straßen zieht.
Was George Orwell noch als Science Fiction verkaufte, gehört
also heute zum Alltag: Rund 7000 Kameras, legale und illegale, so
schätzt die Vereinigung der Sicherheitsfirmen auf den Balearen,
beobachten allein auf Mallorca die Bürger teilweise rund um die
Uhr. Etwa 6000 der Kameras sind von einem Dutzend Sicherheitsfirmen
installiert, beim Amt für Datenschutz registriert und offiziell
genehmigt. "Diese hohe Zahl ist leider notwendig, und im Vergleich
zu Städten wie Madrid oder Barcelona noch gering im Verhältnis zur
Einwohnerzahl", sagt Juan Amer, Vorsitzender der "Asociación de
Empresas de Seguridad de Balears". Die Wirtschaftskrise habe die
Kriminalitätsrate in die Höhe schnellen lassen, die steigende Zahl
von Einbrüchen rechtfertige diese Systeme.
"Den größten Teil der Sicherheitskameras installieren wir für
öffentliche und private Firmen", erklärt Pere Estela, Leiter der
Abteilung für Sicherheitssysteme und Wachpersonal bei Trablisa. Das
private Unternehmen, das sein Geschäft ursprünglich mit bewachten
Geldtransporten (Transportes Blindados S.A - Trablisa) begann,
deckt heute mehr als die Hälfte des balearischen Marktes ab, und
stattet vor allem Restaurants, Büros, Banken, Juweliere und
Kaufhäuser, aber auch öffentliche Einrichtungen wie
Regierungsgebäude, Hafengelände oder Flughäfen aus.
"Ein weiteres Standbein sind private Kunden, die Haus oder
Wohnung durch ein Alarmsystem mit Sicherheitskameras schützen",
erklärt Estela weiter. "Während in Banken, Kaufhäusern, bei
Juwelieren oder in öffentlichen Verkehrsmitteln die Kameras
allerdings 24 Stunden aufzeichnen, fangen die Geräte privater
Kunden erst beim Auslösen eines Alarmes an, aufzuzeichnen."
Kontrolliert und autorisiert werden die Systeme der privaten
Firmen von staatlicher Seite durch die Vertretung der
Zentralregierung in Madrid (Delegación del Gobierno), auf den
Balearen vertreten von Ramón Socías, sowie vom spanischen Amt für
Datenschutz (Agencia de Protección de Datos), bei dem jede
Sicherheitskamera vom Besitzer registriert und autorisiert werden
muss. "Das Amt gibt genau vor, wo und was gefilmt werden darf",
sagt Estela. Ein privater Kunde dürfe seine Kamera beispielsweise
nur auf den Eingangsbereich und das Innere seines Hauses richten.
Das Filmen der öffentlichen Straße vor dem Haus sei nicht erlaubt.
Das Amt für Datenschutz schreibt außerdem vor, dass Zonen, in denen
gefilmt wird, klar zu kennzeichnen seien. Große Schilder weisen
daher im legalen Falle immer auf sicherheitsüberwachte Zonen hin.
Auch in Büros, Geschäften oder Restaurants, wo die Kameras die
Arbeit der Mitarbeiter überwacht, sind diese Schilder Pflicht.
Was viele jedoch nicht wissen: "Es reicht, wenn der Chef die
Mitarbeiter informiert, dass am Arbeitsplatz Videoüberwachung
läuft. In der Regel werden zwei oder drei Kameras sichtbar
installiert, der Inhaber muss allerdings nicht angeben, wie viele
Geräte eingebaut wurden und wo sie sich genau befinden", sagt Pere
Estela. Es gebe sogar Kameras, die als Feuerlöscher getarnt
seien.
Firmen, die 24 Stunden aufzeichnen, seien per Gesetz gezwungen,
die gespeicherten Daten nach einem Monat wieder zu löschen. Dieser
Auflage unterliegt auch die Polizei von Palma, die selber drei
eigene Sicherheitskameras an der Playa de Palma betreibt. "Seitdem
wir die Systeme 2008 dort in Betrieb genommen haben, gibt es
wesentlich weniger Delikte in der Zone als früher", sagt Angel
García, Pressesprecher der Lokalpolizei von Palma. Man überlege
nun, drei weitere zu aktivieren.
"Es gibt aber auch Hunderte nicht autorisierter Webcams an allen
Ecken der Insel, die einfach aufgestellt werden und illegale
Aufnahmen ins Internet übertragen", sagt Angel García. Dabei
spricht er nicht von Geräten, die Gemeinden offiziell installiert
haben, um beispielsweise Touristen die Strände in Echtzeit zu
präsentieren. "Ich meine all die kleinen Kameras an Plätzen und auf
Straßen, die einfach nur von Leuten aufgestellt werden, die meinen,
die Welt müsse möglichst transparent sein."
Wer "Palma" und "Webcam" bei Google eingebe, könne sich davon
überzeugen. Wenn auf dem Dach eines Hotels Bilder von einer Bucht
oder der Umgebung übertragen würden, sei das kein Problem. Sobald
man Gesichter und Nummernschilder erkennen könnte, sei die
Übertragung ins Internet illegal, auch wenn nicht aufgezeichnet
würde. "Doch wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter."
Die 56 Kameras zur Verkehrsüberwachung in Palma sind dagegen
durchaus zulässig. Im Verkehrskontrollzentrum der Stadt Palma
arbeiten 13 Techniker und Informatiker, die an 40 Monitoren rund um
die Uhr die wichtigsten Verkehrsadern der Stadt beobachten. "Wir
zeichnen hier nichts auf, bringen also auch keine Verkehrsdelikte
zur Anzeige, sondern kontrollieren und regulieren nur den Ablauf
des Verkehrs, regeln Ampelzeiten und stimmen uns mit
Verkehrspolizisten ab", versichert der Leiter des Kontrollzentrums,
Fernando Rodríguez. "Sollte ein Unfall geschehen, ist es unsere
Aufgabe, einen Stau zu verhindern, und nicht festzustellen, wer am
Unfall schuld war."
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