Verkohlte Windmühlen, halb verfallene Gebäude und Mauerreste,
liebevoll renovierte Häuser neben bröckelnden Fassaden, Pläne für
Luxus-apartments und schließlich Baustopp: In Es Jonquet, Teil von
Santa Catalina, einem der emblematischsten Stadtteile Palmas, liegt
vieles im Argen. Darüber hat sich in den vergangenen Jahren viel
Wirbel entfacht.
Jetzt wurde das 4'5 Hektar große Wohngebiet direkt am Hafen von
Palma offiziell zum Kulturgut BIC (Bien de Interés Cultural)
ernannt. Konkret bedeutet dies: Der Inselrat kann nun endlich die
Besitzer der halb verfallenen Mühlen und Gebäude an der Stadtmauer
dazu zwingen, ihre Objekte zu renovieren. "Sie müssen mindestens so
weit instand gesetzt werden, dass sie wieder ansehnlich sind und
vor dem weiteren Verfall bewahrt werden", erklärt Maria Loshuertos,
Pressesprecherin des Inselrates. "Falls die Besitzer dieser
Aufforderung nicht nachkommen, wird der Consell die Arbeiten
veranlassen und den Verantwortlichen die Rechnung schicken."
Eine Schande sei es, wie einige Gebäude in den vergangenen
Jahren dem Verfall überlassen wurden, klagt Magdalena Moralles. Die
Vorsitzende der Nachbarschaftsvereinigung Es Jonquet kämpft seit
Langem zusammen mit den Anwohnern um die Restaurierung der
historischen Mühlen und der Stadtmauer, die seit dem 17.
Jahrhundert das Bild des Viertels prägen.
Sieben Getreidemühlen standen hier ursprünglich hoch über der
Hafenmauer, fünf davon sind heute übrig. "Zwei, die Mühlen 'd'en
Garleta' und 'Nom de Déu', sind im Besitz der Stadt Palma und
wurden restauriert", erklärt Javier Terrasa vom mallorquinischen
Kulturverein ARCA. Ein Mühlenmuseum und ein Kulturzentrum sind
heute hier untergebracht. Doch die übrigen drei halb verfallenen
historischen "Molinos" - "d'en Carreres", "de sa Garriguera" und
"d'en Gelos" - sind nicht nur den Bewohnern des Viertels ein Dorn
im Auge. "Sie sind in Privatbesitz, doch die Eigentümer lassen sie
einfach verrotten", klagt Terrasa. Damit sei nun zum Glück bald
Schluss.
Früher hätten die Gebäude - in einem ist eine Diskothek
untergebracht, die anderen stehen leer und werden von Obdachlosen
besetzt - aufgrund ihrer Lage zu den besten Gastronomieadressen der
Stadt gehört. Das legendäre Restaurant "Jack el Negro" stellte hier
noch Mitte der 50er Jahre seine Tische auf die Panoramaterrasse
hoch über dem Meer, später beherbergte das Gebäude berühmte Bars
wie "Babels", "Abraxas" oder "Clan".
"Wir haben hier viele Anwohner, die ihre Häuser gerne renovieren
würden, doch seitdem der Inselrat vor anderthalb Jahren das
Moratorium verhängte, konnte man hier ja nichts mehr machen", sagt
auch Francisca Massanet, die alle Paquita nennen. "Hoffentlich wird
dieser Bau- und Renovierungsstopp bald aufgehoben." Die
Mallorquinerin lebt seit fast 50 Jahren in Es Jonquet, direkt an
der Plaça de Vapor, in einem der typischen kleinen Fischerhäuser,
die vor gut 100 Jahren gebaut wurden. Ein Paradies, wäre da nicht
die lärmende Diskothek. "Hier ist in den letzten Jahren eigentlich
gar nichts passiert", sagt Paquita. "1985 hat man versucht, durch
einen neuen Bebauungsplan das inzwischen verkommene Viertel
wiederherzurichten. Als das Bau- und Transportunternehmen ,Acciona'
ein freistehendes Gelände gekauft hat, öffentliche Wege gesperrt
wurden und neue Apartmenthäuser gebaut werden sollten, hat der
Inselrat zum Glück die Notbremse gezogen", sagt Javier Terrasa.
Gebaut werde hier sicher irgendwann, allerdings nur noch nach den
strengen Richtlinien des BIC.
Der Antrag auf Deklarierung der Zone zum allgemeinen Kulturgut
hatte allerdings auch negative Folgen für einige Hausbesitzer. "Wer
gerade angefangen hatte, nach jahrelangen Anträgen und
Sondergenehmigungen ein altes Haus zu restaurieren, abzureißen oder
nach historischen Richtlinien neu zu bauen, der stand plötzlich mit
einer großen Baugrube da, oder mit einer verfallenen Hütte, an der
erstmal nichts mehr gemacht werden durfte", erklärt Terrasa. "Nicht
einmal die Abdeckung offener Baugruben wurde genehmigt, völlig
unverständlich, denn das Regenwasser, das sich dort sammelt,
zerstört die angrenzenden Hauswände." Nur logisch findet man all
diese Verbote beim Inselrat, denn, so erklärt Pressesprecherin
Maria Loshuertos: "Sobald ein Antrag zur Deklarierung auf BIC
gestellt wird, werden automatisch alle Vorhaben bezüglich
Parzellierung, Abriss oder Bau gestoppt." Seitdem am 5. November
der Antrag bewilligt wurde, sind die Verbote auf Parzellierung und
Abriss aufgehoben, weiter gebaut werden darf aber erst nach der
Erstellung des neuen "Plan Especial de Reforma Interior" (Peri)."
Dieser Plan werde vor allem emblematische Gebäude wie die Mühlen,
eine alte Wassermühle, das über 100 Jahre alte Herrenhaus "Can
Figuerola" nahe der Museumsmühle, das alte Waschhaus am Ende der
Avenida Argentina, die Bar Cuba und die alte "Ferreteria" aus dem
Jahre 1908 schützen. Auch das Theater "Mar y Tierra" gehört dazu,
das zurzeit restauriert wird. Ein neues Theater und ein
Kulturzentrum für Jung und Alt soll hier entstehen.
Wann der neue Bebauungsplan erstellt sein wird, das kann man
auch beim Inselrat nicht mit Sicherheit sagen. Ein komplexer Plan
wie dieser, der verschiedene Planungsschritte beim Rathaus und beim
Inselrat durchlaufen müsse, brauche seine Zeit.
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