Das Wetter ist zwar nicht optimal - der letzte Regen ist schon
länger her, der Wind hat die Erde zusätzlich ausgetrocknet -,
trotzdem haben sich an diesem frühen Samstagmorgen über 30
mallorquinische Pilzfreunde auf den Weg gemacht. Unter der Leitung
von Experten der "Secció Micològica" des Naturwissenschaftlichen
Museums ("Museu Balear de Ciències Naturals") in Sóller, die sich
mit der Mykologie, wie die Wissenschaft von Pilzen genannt wird,
bestens auskennen, wollen sie es heute genauer wissen: Welche Pilze
gibt es überhaupt? Welche sind giftig - und vor allem: Welche sind
lecker?
"Ich kenne eigentlich nur den Esclatasang (Blutreizker)",
gesteht Elena aus Palma, und da geht es ihr wie den meisten
Teilnehmern hier. Dabei hat Mallorcas Erde deutlich mehr zu bieten,
wie Pepe Sigquier, Mitautor des Klassikers "Els Bolets de les
Balears" vom "Pilz-Papst" der Insel, Carles Constantino, der sich
heute dem Grüppchen angeschlossen hat, zu berichten weiß: "Auf den
Balearen gibt es rund 1300 verschiedene Arten, davon mehr als 950
auf Mallorca."
Um den Einheimischen diese Vielfalt nahezubringen, bietet die
Mykologie-Abteilung des Museums jedes Jahr während der Pilzsaison -
von Oktober bis Januar - Seminare und geführte Ausflüge an. Heute
geht es in das pittoreske Waldgebiet in den Bergen rund um die
"Comuna de Bunyola" - auch als beliebter Grillausflugs- platz
bekannt. Wie das Barbecue in freier Natur ist die Pilzsuche eine
mallorquinische Leidenschaft schlechthin.
Neben dem Nordteil des Tramuntana-Gebirges gilt auch die Sierra
de Levante im Inselosten als El Dorado für Esclatasangs & Co.
Und wer in ihren Genuss kommen will, "kommt hier im Wald auf jeden
Fall günstiger weg", lacht Francisca. Stattliche 79 Euro kostet
etwa das Kilo Esclatasangs zurzeit auf den Märkten.
Aufregender ist das Sammeln natürlich auch allemal: Da nimmt man
"La Pipa" in die Hand (nicht essbar!), ein Pilz, der wirklich wie
eine Pfeife aussieht, und lernt vom Fachmann Joan Planas, dass der
in der chinesischen Medizin als Allheilmittel dient. Den "Peus de
Rata", den ein Teilnehmer ihm zu seiner Freude zur Bestimmung
vorlegt, hat selbst Joan vorher noch nie in freier Natur gesehen.
Der heißt so, weil er "an die Pfoten von Ratten erinnern" soll.
Anfassen ist erlaubt, riechen auch. Ein Pilz riecht nach Anis,
ein anderer, tatsächlich, nach "schlechtem Kölnisch Wasser" -
essbar sind sie beide nicht. Der bekannte "Pixacà", frei übersetzt:
"Hundepipi" aufgrund seiner gelblichen Farbe, wiederum ist essbar -
allerdings, so Joan, sollte man bei dem Ringlosen Butterpilz nur zu
jungen Exemplaren greifen, da ausgewachsene Pilze oft von Larven
befallen sind. Richtig giftig sind indes nur rund 200 Arten auf
Mallorca, unter ihnen der Grüne Knollenblätterpilz.
Nach drei Stunden Klettern über Stock und Stein breiten die
Teilnehmer stolz ihre Ausbeute aus: Jetzt wird noch einmal genau
hingeguckt, was heute Abend im Kochtopf landet. Der Blutreizker ist
gut vertreten, aber das wundert die Teilnehmer nicht mehr, haben
sie doch gelernt: Wo eine Kiefer wächst, ist Esclatasang nicht weit
- Baum und Pilz bilden eine Lebensgemeinschaft.
Samstag, 14. November: "Jornada Micológica" im Museum Sóller. Ab
10 Uhr kann man seine Pilze dort bestimmen lassen. Ab 14 Uhr:
Ausstellung. www.museu cienciesnaturals.org
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