Am 26. Oktober soll in Deutschland die
Impfung gegen die Schweinegrippe starten, auf Mallorca ist der
Beginn für Anfang November vorgesehen. Laut balearischem
Gesundheitsministerium soll der Impfstoff zunächst nur über das
öffentliche Gesundheitswesen IB Salud und die "Seguridad Social"
erhältlich sein. Doch erfahrungsgemäß wird es auch bei einigen
niedergelassenen, privaten Ärzten auf Mallorca möglich sein, den
Impfstoff zu bekommen.
Medizinisches Personal und Risikogruppen sollen die Ersten sein,
die die Immunisierung gegen den Erreger A-H1N1 erhalten. Doch die
Verunsicherung in der Bevölkerung ist groß, denn Experten –
Mediziner, Virologen, Wissenschaftler – widersprechen sich. Von
dringenden Impfempfehlungen, um eine Massenausbreitung und Mutation
des Virus zu verhindern, bis hin zu ernsten Warnungen vor der neuen
Impfung ist tagtäglich in den Medien zu lesen.
Hinzu kommt die Verwirrung um verschiedene Impfstoffe, die mit
oder ohne Verstärker und dadurch mit unterschiedlichen
Nebenwirkungen erhältlich sind. Laut Herstellern werden die
sogenannten "Adjuvantien" als Verstärkersubstanzen dem viralen
Antigen des Impfstoffes beigesetzt – eine gängige Methode, um den
bestehenden Impfstoff zu strecken. "Es wäre sonst unmöglich, in so
kurzer Zeit ausreichend Impfstoff herzustellen", erklärt Andreas
Jahn, Redakteur des Wissenschaftsmagazins "Spektrum". "Die
Pharmafirma GlaxoSmithKline setzt ihrem Mittel 'Pandemrix' einen
Verstärker bei, dessen Substanzen auch im menschlichen Stoffwechsel
vorkommen und daher als unbedenklich gelten. Da sie jedoch die
Immunreaktion – wie beabsichtigt – verstärken, können
Nebenwirkungen wie Kopf- und Gelenkschmerzen oder Fieber
auftreten." Ähnliches gilt für den Impfstoff "Focetria" von
Novartis. Die ständige Impfkommission empfehle daher für Schwangere
einen adjudansfreien Impfstoff.
Von diesem Impfstoff – "Celvapan" von der Firma Baxter – hatte
die Bundesregierung 200.000 Dosen gekauft, nach Medienberichten
allerdings nur, weil sie früher auf dem Markt waren als
"Pandemrix", von dem 50.000 Millionen Dosen für den Rest der
Bevölkerung geordert wurden.
Als "völlig übertrieben" gegen die Grippe A bezeichnete der
Virologe Alexander Kekulé aus Halle den Wirkstoff mit Verstärker.
Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Theodor Windhorst,
warnt sogar vor der Impfung gegen Schweinegrippe. Der in
Deutschland zugelassene Impfstoff "Pandemrix" (mit dem auch in
Spanien geimpft werden soll) sei mit zu vielen Risiken behaftet.
Die Impfung gegen die normale Grippe sei allerdings wichtig, sagte
Windhorst.
Aktuelle Umfragen in der Bevölkerung zeigen allerdings eher eine
vorsichtige Haltung gegenüber der bevorstehenden Kampagne.
Übertriebene Panikmache der Medien, ein milder Krankheitsverlauf
bei den bisher aufgetretenen Fällen (zurzeit rund 22.400 in
Deutschland) sowie die Angst vor Nebenwirkungen, die in den
klinischen Tests möglicherweise nicht entdeckt werden konnten,
halten viele noch davon ab, sich impfen zu lassen.
Ein schwerer Fehler, sagt Prof. Dr. Adolf Windorfer,
Seuchenexperte und Berater der Weltgesundheitsorganisation WHO,
gegenüber der "Bild"-Zeitung. Er rechnet für den kommenden Winter
allein in Deutschland mit 30 Millionen Kranken und bis zu 35.000
Toten durch den Virus A. Diese Entwicklung könne nur durch
möglichst viele Impfungen verhindert werden.
Abwartend äußern sich derweil die deutschen Ärzte auf der Insel.
"Ich glaube zwar nicht, dass die Impfung gefährlich ist, aber
zurzeit sehe ich noch keine Notwendigkeit, gegen die Grippe A zu
impfen", sagt Dr. Johannes Gessner, Hals-Nasen-Ohrenarzt im
Internationalen Facharztzentrum Porto Pí. Ähnlich sieht dies sein
Kollege Dr. Carsten Henningsen, Internist in der PalmaClinic: "Man
weiß noch zu wenig über die Nebenwirkungen, nur die Risikogruppen
sollten sich impfen lassen."
Genau wie Dr. Andreas Leonhard, Internist im Deutschen
Facharztzentrum in Peguera, ist Henningsen jedoch der Meinung, dass
die normale Grippeimpfung wichtiger sei. "Es ist erwiesen, dass es
erheblich weniger Grippetote gibt in Ländern, in denen gegen die
saisonale Influenza geimpft wird", sagt Leonhard. Skeptischer ist
Dr. Thomas Eigel, Hals-Nasen-Ohrenarzt in der Clínica Picasso 57.
"Es besteht die ernstzunehmende Gefahr, dass der Virus sich im
Winter nicht nur rasant ausbreitet, sondern auch mutiert. Wer so
lange wartet, dem nützt auch der jetzige Impfstoff nichts
mehr."
In Spanien und somit auch auf Mallorca ist der Impfstart erst
für Anfang November angekündigt, ein genaues Datum steht noch nicht
fest. Geimpft werde hier mit den Mitteln "Pandemrix" und
"Focetria", beide mit Verstärkern.
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