Die Autoinsassen werden regelrecht
durchgeschüttelt. Das sind Feldwege, auf denen selbst Maultiere ins
Straucheln geraten würden. Josep "Pep" Oliver steuert seinen
Kastenwagen behutsam über Schotter und Felsgestein. Zu Fuß geht es
weiter, zu einem Hochplateau von Sa Muleta, einem wuchtigen Stück
Bergrücken zwischen Port de Sóller und Llucalcari. Vorbei an
halbverfallenen Trockensteinmauern, strohigen Gräsern und roter
Erde führt der Pfad an Gestrüpp, Kiefern, Eichen längs. Dann taucht
er auf: Ein zu knorrigem Holz erstarrter "Dinosaurier", ein
Olivenbaum, scheinbar vergessen und sich selbst überlassen.
Willkommen im wohl ältesten Olivenhain der Insel. Hier, im Umfeld
des Methusalems, sind die langlebigsten Ölbäume Mallorcas
versammelt.
Wie alt der Baum tatsächlich ist, kann auch Pep Oliver,
Präsident der anerkannten Anbauregion für mallorquinisches Olivenöl
("Denominació d'origen Oli de Mallorca"), nicht sagen. Zwar werden
die betagten Giganten unter den Ölbäumen auf Mallorca gerne
"Milenarios", die 1000-Jährigen genannt, selbst wenn sie mit 400
bis 500 Jahren hierfür noch viel zu jung sind. "Aber dieser hier",
sagt Oliver und zeigt auf den gut drei Meter hohen,
expressionistisch verwachsenen Ölbaum, "ist sicherlich noch älter
als ein ganzes Jahrtausend." Wunder der Natur: Selbst die
Uralt-Bäume bilden bei guter Pflege junge Triebe mit Früchten.
Das Tal von Sóller ist von alters her für seinen Ölreichtum
bekannt. Nahezu jeder zwei "Olivo", der auf der Insel wächst,
wurzelt in dem Tramuntana-Tal und auf den dort terrassierten
Berghängen. Oliver glaubt, dass die meisten der traditionellen
Befestigungsmauern noch aus maurischer Zeit stammen. Ihre arabische
Herrschaft endete 1229 mit der Eroberung der Insel durch Aragóns
König Jaume I.
So wie damals werden die Ölfrüchte noch heute per Hand geerntet.
Auf dreibeinigen Klappleitern erklimmen die Landwirte die
Baumkronen und streifen die Zweige einzeln ab. Es gehört Übung und
Geschick dazu, denn ist der Griff zu locker, bleiben die Oliven am
Holz oder fallen zu Boden. Ist der Griff zu fest, werden auch die
silbrig-grünen Blätter abgerissen. Sie stören dann, wenn die
Früchte in der Ölmühle gepresst werden sollen.
Die Olivenernte begann vor etwa drei Wochen mit den grünen
Früchten, die als Speiseoliven in Salzlake eingelegt werden. In
diesen Tagen begann nun auch die Ernte der reiferen Früchte zur
Gewinnung von Olivenöl. Bis in den Januar hinein werden die
spätreifenden Sorten geerntet.
Die Wirtschaftskrise zeigt selbst in Sóllers Ölbergen
Auswirkungen. In diesem Jahr waren viel mehr Menschen bereit, sich
mit der Ernte abzuplagen und ein paar Münzen zu verdienen. Pep
Oliver hat vier Helfer gefunden, zwei Mann aus Brasilien, zwei aus
Bolivien. Das Kilo geernteter Oliven wird im Sóllertal mit etwa
einem Euro vergütet. Ein geübter Helfer kann in acht Stunden rund
90 Kilo zusammenbekommen.
Die diesjährigen Ernteaussichten sind so schlecht nicht: Je
nachdem, wie die Witterung im Frühjahr, zur Blütezeit der Bäume,
verlief, gibt es Ölberge mit sehr wenig und wiederum welche mit
sehr hohen Erträgen. "Insgesamt werden wir auf Vorjahresniveau
liegen", schätzt Pep Oliver. 2008 wurden in den DO-Mühlen rund 1200
Tonnen Oliven zu Qualitätsölen gepresst.
Einer der größten Ölproduzenten auf Mallorca ist die
Agrarkooperative von Sóller. Hier kosten die goldgrünen Tropfen im
Halbliterfläschchen zwischen sieben und 15 Euro. Im Handel in Palma
sind sie entsprechend teurer.
Sieben Jahre ist es her, dass sich Ölbauern des Tales mit
einigen Kollegen in den Tramuntana-Bergen sowie im Inselosten
zusammenschlossen und die DO ins Leben riefen. "Das war der einzig
richtige Weg", sagt Oliver im Rückblick. Auf diese Weise war es
möglich, das Inselöl von Massenprodukten des Festlandes abzusetzen.
"2009 ist aufgrund der Wirtschaftskrise schwierig genug. Aber ohne
unsere DO-Marke hätten wir uns nicht so gut halten können."
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