TW
0

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute ist so nah...?“ So ähnlich könnte das Fazit des „Internationalen Forums für Ernährung und Gastronomie zur mediterranen Ernährung“ lauten, das vom 5. bis 7. Oktober im Parc Bit in Palma veranstaltet wurde. Hochkarätige Wissenschaftler und Spitzenköche – darunter Santi Santamaria, Koldo Royo und Tim Mälzer, nahmen an den Diskussionsrunden teil. Die baskische Koch-Koryphäe Juan Mari Arzak bekam einen Preis für innovative Verdienste bezüglich mediterraner Ernährung verliehen.

Diese gilt neben der japanischen Küche weltweit als eine der gesündesten Ernährungsformen überhaupt. Und ist nichts anderes als „back to basic“ im südländischen Stil: Viel Gemüse und Früchte, Getreide, Nüsse, hochwertiges Olivenöl – wenig rotes Fleisch, Alkohol in Maßen. „Ursprünglich war es die Ernährung der armen Leute“, erklärte Vasiliki Benetou, Epidemiologin der Universität Athen, Spezialistin für den Zusammenhang von Ernährung und chronischen Krankheiten.

Erst Ende der 50er Jahre habe man angefangen, darin eine empfehlenswerte Ernährungslehre zu sehen. Zahlreiche Studien folgten. „Heute wissen wir: In Ländern, in denen mediterran gegessen wird, liegt die Sterblichkeitsrate neun Prozent, die Krebsrate sechs Prozent und die Parkinson-Rate dreizehn Prozent niedriger – und es gibt wesentlich weniger Fettleibigkeit.“ Laut Benetou sei es vor allem die Wechselwirkung der Produkte, die sich so förderlich auf den Organismus auswirke.

Doch wird in Spanien überhaupt noch mediterran gegessen? „Wir sind in Spanien auf dem absteigenden Ast“, gab Manuel Martínez, technischer Leiter des Europäischen Instituts für Mediterrane Ernährung in Spanien zu bedenken. Die Globalisierung gehe europaweit mit einer Angleichung der Essgewohnheiten einher – zum Vorteil für die nordischen Länder, zum Nach-teil für die südlichen. „Mediterrane Ernährung ist auch eine Lebenseinstellung: Lokale Produkte traditionsbewusst in Ruhe genießen – das ist fast gänzlich verloren gegangen.“

Die Ernährungspyramide habe sich umgedreht: Alles was mäßig verzehrt werden solle, bilde nun die Grundlage – und umgekehrt. Fleisch, Alkohol, Süßigkeiten und Snacks seien alltäglich geworden, 66 Prozent der Spanier gäben an, mehrmals wöchentlich ein Fertiggericht zu verzehren – dagegen äßen aber nur 32 Prozent häufiger als einmal die Woche Gemüse.

„Ich bin überzeugt, dass viele sich sogar im Glauben wähnen, sie äßen gemäß einer mediterranen Diät“, betonte Tana Collados, Gastro-Journalistin des Fernsehsenders TV3, „dafür sind die falschen Informationen der Werbe-strategen verantwortlich. Und falsche Vorbilder: Es kann nicht sein, dass in der Schulspeisung gezuckerte Joghurts gereicht werden anstelle eines Obsttellers – nur weil es organisatorisch eben schneller geht.“

„Die Tradition kann uns viele Antworten geben“, äußerte sich Benet Vicenç, Inhaber des Restaurants „Béns d‘ Avall“ und Verfechter balearischer Produkte, „früher gingen wir täglich einkaufen, heute wöchentlich. Heute geben wir vierzehn Prozent unseres Gehaltes für Ernährung aus, früher waren es 50 Prozent.“ Der Mensch habe sich zu sehr vom gewachsenen Lebensmittel entfernt: „Nehmen Sie sich ein Stückchen Land und bestellen Sie es – das eigene Erzeugnis zu verzehren ist die größte Freude.“ Tana Collados pflichtete ihm bei: Auch das wachsende Interesse an Bauernmärkten sei ein Schritt in die richtige Richtung. „Wir müssen wieder an den Herd, um schlanker zu werden. Studien zeigen: Die Fettleibigkeit steigt in dem Maß, in dem die Zeit, die wir zum Kochen verwenden, abnimmt.“