Mallorca Magazin: Sie waren Ende Januar 2008 anlässlich der
spanisch-deutschen Regierungskonsultationen einen Tag auf Mallorca.
Haben Sie die Insel auch aus anderen Anlässen schon
kennengelernt?
Frank-Walter Steinmeier: Ja, denn wie so viele Landsleute habe
auch ich schon Urlaub dort gemacht. Das war in Andratx, auf einer
kleinen Finca. Wunderschön, ich denke gern daran zurück.
MM: Können Sie sich noch an irgendein lustiges, interessantes,
ärgerliches Insel-Erlebnis erinnern?
Steinmeier: Ich erinnere mich an den ersten Abend. Jeder kennt das,
Anreise, früh aufstehen, Hektik, bis man endlich da ist. Dann saßen
wir da auf der Terrasse, die Sierra getaucht ins warme Licht der
Abendsonne, ein Glas Wein, Oliven – herrlich.
MM: Was für ein Urlaubstyp ist eigentlich Frank-Walter
Steinmeier? Vielleicht Sonne, Strand, Faulenzen? Aktiv auf dem Rad
oder Wandern in den Bergen? Oder eher Kultur, Galerien,
Klassikkonzerte?
Steinmeier: Von allem etwas, auch Strand, zumal wenn er so schön
ist wie hier. Nur Strand wäre aber nichts für mich. Wandern in den
Bergen, Kultur, Kunst und Kulinarisches – das gehört für mich zum
Urlaub genauso dazu. Aber auch dafür ist man ja auf Mallorca
richtig.
MM: Wie würden Sie jemandem, der aus einer ganz anderen Ecke der
Welt kommt und noch nie etwas von Mallorca gehört hat, die Insel in
wenigen Worten beschreiben?
Steinmeier: Gastfreundliche Menschen, wunderbare Strände, ruhige
Buchten – Mallorca bietet jedem Urlauber etwas. Nicht zu vergessen
die Sierra de Tramuntana und das schöne Binnenland. Ich kann die
Millionen Touristen, die jedes Jahr auf die Insel kommen, sehr gut
verstehen.
MM: In diesem Jahr ist Mallorca scheinbar vom Pech verfolgt.
Medienberichte über Schweinegrippe, der ETA-Terror
Mal
angenommen, es gäbe gerade keinen Wahlkampf: Würden Sie vor diesem
Hintergrund jetzt nach Mallorca reisen oder wären Sie eher
abgeschreckt?
Steinmeier: Abgeschreckt wäre ich nicht, aber ich würde die
Reisehinweise aus meinem Ministerium vor dem Abflug anschauen!
Terroristen dürfen mit ihren feigen Anschlägen nicht die Oberhand
gewinnen, deshalb: Vorsicht ja, aber keine überzogenen
Reaktionen.
MM: Sie haben nach den ETA-Anschlägen gesagt „Mallorca ist nicht
Somalia und nicht der Gazastreifen“ und keine Reisewarnung
herausgegeben. Was hätte denn passieren müssen, damit das doch
geschehen wäre?
Steinmeier: Sie verstehen, dass ich den Terroristen hier keine
Gebrauchsanweisung diktieren werde, wie am besten deutsche Urlauber
abgeschreckt werden können. Klar ist aber: Das Auswärtige Amt nimmt
die Sicherheit der Deutschen im Ausland sehr ernst, nicht nur in
Spanien! MM: Mallorca ist die Lieblings-Urlaubsinsel der Deutschen,
außerdem leben sehr viele Deutsche inzwischen fest oder teilweise
hier. Was raten Sie Ihren Landsleuten hinsichtlich einer möglichst
optimalen Integration?
Steinmeier: Das Wichtigste ist, die Sprache des Gastlandes zu
beherrschen. Das gilt übrigens nicht nur auf Mallorca, sondern
genau so in Deutschland. Wenn dann noch Neugierde und Offenheit für
die Kultur der Einheimischen dazukommt, sollte einem guten
Zusammenleben nichts mehr im Wege stehen! MM: Als Außenminister
pflegen Sie sicher auch Kontakte zur spanischen Regierung. Wie
würden Sie aus Ihrer Sicht das deutsch-spanische Verhältnis
beschreiben?
Steinmeier: Das Verhältnis ist exzellent, wirklich völlig
problemlos – und das nicht nur in den bilateralen Beziehungen. Auch
unsere Auffassungen in den meisten internationalen Fragen sind sehr
ähnlich. Dazu kommt: Ich sehe meinen Amtskollegen nicht nur bei
Europäischen Räten, Miguel Ángel Moratinos war zuletzt Anfang Juni
2009 in Berlin zu Gast.
MM: Ändert beziehungsweise verbessert sich unter einem Kanzler
Frank-Walter Steinmeier etwas an diesem Verhältnis?
Steinmeier: Lässt sich Exzellenz noch wirklich steigern? Die sehr
gute Zusammenarbeit, gerade auch in internationalen Fragen wie dem
Nahost-Konflikt, werde ich weiter vertiefen. Darüber hinaus haben
wir gerade vereinbart, dass mit einer gemeinsamen Analyse die
Zusammenarbeit der Außenministerien verbessert werden soll. Und
natürlich werden wir Spanien bestmöglich bei der bevorstehenden
EU-Ratspräsidentschaft 2010 unterstützen.
MM: Gibt es irgendwelche persönlichen Beziehungen von Ihnen zu
spanischen Politikern? Wenn ja, zu welchen und wie kam es dazu?
Steinmeier: Ein Freund und Vorbild ist für mich Felipe Gonzales:
Mutiger Kämpfer gegen den Franco-Faschismus, großer Sozialdemokrat
und überzeugter Europäer. Und fast täglich habe ich mit Miguel
Moratinos, dem spanischen Außenminister, zu tun. Ein prima Kerl,
mit dem ich nach anstrengenden EU-Konferenzen auch gerne mal ein
Glas Rotwein trinke.
MM: Vor Kurzem hat CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach in einem
Interview mit dem Mallorca Magazin über Ihre Person
Folgendes gesagt: „Die Position des Bundeskanzlers ist eine Nummer
zu groß für ihn. Er hat nicht die politische Klasse von Angela
Merkel und seine Partei ist für ihn im Wahlkampf eher ein
Handicap.“ Wie lautet Ihre Gegenrede?
Steinmeier: Ach der Herr Bosbach ... Durch solche Plattitüden
wird der inhaltsleere Wahlkampf der Union auch nicht besser.
Tatsache ist: Die erfolgreichen Konjunkturpakete tragen die
Handschrift der SPD, und mit meinem Deutschlandplan habe ich
konkrete Vorschläge dafür gemacht, wo in unserem Land die
Arbeitsplätze von morgen entstehen sollen. Von der CDU gibt's nur
Gesäusel – was sie in den nächsten vier Jahren tatsächlich
vorhaben, wird tunlichst verschwiegen.
MM: Zum Abschluss noch die Frage, warum Deutsche, die in Spanien
leben und hier auch bleiben wollen, sich trotzdem an der
Bundestagswahl beteiligen sollten ...
Steinmeier: Wer das Wahlrecht hat, sollte es auch nutzen! Denn
in den nächsten vier Jahren steht für unser Land viel auf dem
Spiel: es geht um Arbeitsplätze, es geht um die Zukunft unserer
Kinder, es geht um ein würdevolles Leben im hohen Alter. Jeder, der
sich für sein Heimatland interessiert, kann mit seiner Wahl die
Demokratie in Deutschland stärken. Wenn das nicht Grund genug ist!
Die Fragen an Frank-Walter Steinmeier stellte MM-Redakteur Nils
Müller
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