Es ist noch keine sechs Monate her, da blies
das balearische Umweltministerium zum großen Halali auf die
einheimische mallorquinische Ziege. "Jagdtourismus" lautete das
Motto, man wollte sich der zunehmenden Ziegenplage - zwischen
40.000 und 60.000 sollen es mittlerweile sein - nun auch durch
zugereiste Jäger erwehren. Doch glaubt man den Schilderungen des
Umweltschutzverbandes GOB und verzweifelter Fincabesitzer, lassen
sich die Tiere bisher wenig davon stören. Während Jäger seit dem 1.
Oktober wieder versuchen, den Bestand der "Cabra Orada" zu
dezimieren, grasen diese in aller Ruhe Hänge, Wälder und sogar
private Gärten ab.
Denn die Tiere beschränken sich längst nicht mehr ausschließlich
auf Bergregionen in der Tramuntana. Sie kommen gemächlich durch die
Straßen kleiner Orte gewandert, springen behände über Zäune oder
Mauern und fressen vorzugsweise alles ab, was jung und grün ist.
Besonders im Hochsommer, wenn in den Bergen das Wasser knapp wird,
kommen die Tiere aus dem Gebirge in die Dörfer.
"Wir kämpfen nun schon seit zwei Jahren gegen die täglichen
Besuche der wilden Ziegen in unserer Anlage", klagen Hans und
Käthelore Lindenmann aus Sant Elm. Die ersten selbst gezimmerten
Zäune hätten die intelligenten Huftiere mit Leichtigkeit
überwunden, und immer wieder zarte Triebe und neu angepflanzte
Blumen über Nacht vernichtet.
"Schwingtüren bekommen sie mit Leichtigkeit auf, zur Not heben
sie Absperrungen mit ihren Hörnern einfach aus den Angeln",
beschreibt Hans Lindenmann die cleveren Tiere. Teile ihrer
Gartenanlage sehen in der Tat so kahl aus wie nach einem Waldbrand.
"Wir haben das Gefühl, dass sich die Ziegen besonders in den
letzten zwei Jahren explosionsartig vermehrt haben." Auch der
Umweltschutzverband GOB spricht eindeutig von einer Plage durch die
wilden Ziegen, und ist nicht verwundert über die steigenden Zahlen.
"Die Tiere haben keine natürlichen Feinde und finden das ganze Jahr
über genügend Futter. Bessere Voraussetzungen für eine Vermehrung
des Bestandes kann es nicht geben", sagt GOB-Mitarbeiter Joan Juan.
Die Inselfauna sei bereits massiv gefährdet, erklärt er weiter.
Kleine Pflänzchen am Boden würden einfach niedergetrampelt,
abgebrannte Wälder könnten sich nur schwer regenerieren, und
seltene einheimische Pflanzen seien in Gefahr, auszusterben.
"Die normale Jagdsaison ist nicht ausreichend, um den Bestand zu
dezimieren", sagt der Umweltschutzexperte. "Die Population der
wilden Ziegen müsste mit professionell angelegten Jagden vermindert
werden." Das Problem lasse sich tatsächlich nur mit der Waffe
lösen, und nicht mit der Schlingenjagd, die zwar das ganze Jahr
über erlaubt sei, aber nicht viel bringe.
Mehr Jagd auf die Tiere würde auch Oliver Lasky begrüßen. Der
Engländer kämpft seit drei Jahren gegen die wilden Ziegen auf
seiner Finca in Galilea. "Zur Jagdsaison zwischen Oktober und April
dürfen sie zwar geschossen werden, aber offensichtlich kommen die
Jäger gegen diese Plage nicht an." Fast täglich hat er den
ungeliebten Besuch in seinem Garten und nicht immer sei er zu
Hause, um sie zu verscheuchen. Besonders im Sommer, wenn in den
Bergen das Wasser knapp wird.
In den vergangenen Jahren wurde bereits auf fünf Fincas im
Tramuntanagebirge ein insgesamt 12.000 Hektar großes Areal als
Jagdrevier ausgewiesen. Knapp 30.000 Ziegen wurden schon 2004 vom
zuständigen Inselrat zur Jagd freigegeben, zudem rief
Umweltminister Miquel Àngel Grimalt 2008 den Puig de la Victòria
als Jagdgebiet für betuchte Urlauber aus. Vor allem verwilderte
Hausziegen und Mischlinge sollten hier gejagt werden, um die
Existenz der reinrassigen autochthonen mallorquinischen Ziege auf
lange Sicht nicht zu gefährden. "Wir haben seit Oktober tatsächlich
auch zahlreiche auswärtiger Jäger hier gehabt, die zur Ziegenjagd
auf die Insel gekommen sind", sagt Tomeu Segui, Leiter der
Jagdbehörde des Umweltministeriums.
Doch nach Angaben der Behörden habe man das Problem noch nicht
in den Griff bekommen. "12.000 bis 13.000 lebende wilde Tiere
könnte die hiesige Umwelt gut verkraften. Wir haben hier aber mit
mindestens 40.000 bis 60.000 'Cabras' nach wie vor ein echtes
Problem."
1 Kommentar
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Interessanter Artikel - veraltet? Wie nehme ich Kontakt mit z.B. dem Ehepaar Lindenmann auf, oder mit anderen Personen, die mir zu einem Jagdaufenthalt auf Mallorca auf die erwähnten verwilderten Hausziegen verhelfen können? Dank für Ihre Hilfe im Voraus jo-h