Die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise
machen auch vor der Reisebranche nicht halt. Die Buchungen liegen
zum Teil deutlich unter denen des Vorjahres. Viele Menschen wissen
nicht, ob sie sich einen Urlaub leisten sollen, wenn der Job
wackelt, das Gehalt in Folge von Kurzarbeit geringer ausfällt und
die Hypothek für das Haus noch nicht abgezahlt ist. Wer sich Sorgen
um den Arbeitsplatz macht, hält sich bei Hotel- und
Flugreservierungen zurück. Das bekommen Reiseveranstalter, Airlines
und Hoteliers zu spüren. Auch auf Mallorca, wo jeder zweite Euro
des Bruttoinlandsprodukts direkt mit dem Tourismus verdient wird
und gemeinsam mit dem nachgestaffelten Dienstleistungsbereich
nahezu 80 Prozent der Volkswirtschaft stellt, ist man entsprechend
nervös.
Die Insel ist bekanntlich zu 80 Prozent von drei großen
Quellmärkten abhängig. Das sind die Besucherströme aus Deutschland,
Großbritannien und vom spanischen Festland. Gerade für die beiden
letztgenannten Märkte klingen die Wirtschaftsprognosen deutlich
düsterer als für die Bundesrepublik, konstatiert Joan Antoni
Fuster, Sprecher des mallorquinischen Hotelverbandes. In Spanien
drohe die Arbeitslosigkeit auf vier Millionen zu klettern, und in
England habe das schwächelnde Pfund gegenüber dem Euro deutlich an
Wert verloren. Auch die dortige Wirtschaft sei derzeit nicht gut
aufgestellt. „Wenn alles so bleibt, wie es derzeit ist, werden
schätzungsweise 20 Prozent der Briten dieses Jahr ganz auf Urlaub
verzichten.”
Mit Blick auf Deutschland sehen die Dinge nach Fusters
Einschätzung vergleichsweise besser aus. „Obgleich nicht alle
Wirtschaftsmeldungen aus der Bundesrepublik positiv sind, scheint
es, dass dort die Unternehmen und Reiseveranstalter den
Krisentendenzen besser trotzen können. Sollte dem so sein, könnten
wir deutsche Besucherzahlen auf Vorjahresniveau erreichen.”
In Fusters Worten schwingt die Hoffnung mit, dass die Deutschen
ein sicherer Partner für Mallorca bleiben. Bereits im vergangenen
Jahr erwiesen sie sich für die Hoteliers als die verlässlicheren
Gäste. Während bereits 2008 der Anteil der britischen und
spanischen Besucher auf den Balearen nach Angaben des
Tourismusministeriums um 2'8 und 8'1 Prozent sank (auf 3'37
Millionen beziehungsweise 2'71 Millionen Urlauber), legten die
Deutschen sogar zu: Ihr Anteil am Besucheraufkommen stieg um 3'9
Prozent auf 4'05 Millionen Gäste (auf Mallorca sogar um 5'4 Prozent
auf 3'73 Millionen). Es war seit 1999 und 2000 das dritte Mal, dass
die Mallorca-Besucher aus Alemania die Vier-Millionen-Schwelle
überschritten.
Unter ähnlichen Vorbehalten wie auf Mallorca äußert sich auch
die Touristikbranche in Deutschland. Die Aussichten für den
Reisesommmer 2009 seien „trübe” und „unbestimmt”, diagnostiziert
das Fachmagazin „fvw”. Wenig Sonnenschein verspricht auch die
jüngste Tourismusanalyse des Instituts für Zukunftsfragen des
Freizeit-Forschers Horst Opaschowski. Danach waren zu Jahresbeginn
nur 42 Prozent der 4000 Befragten zum Verreisen fest entschlossen
gewesen. Anfang 2008 waren es dagegen 70 Prozent. Der Trend gehe
hin zu kürzerem Urlaub in der Nähe. Der deutsche Inlandstourismus
stehe vor einem Comeback.
Die Verunsicherung der Bundesbürger bekommen auch die großen
Reiseveranstalter zu spüren. TUI und Thomas Cook haben die Fristen
für ihre Frühbucher verlängert. Die Unternehmen wollen damit
Preisvorteile an ihre Kunden weitergeben. Vor allem Kerosin sei
viel billiger geworden. „Als im vergangenen Sommer die
Pauschalreise-Pakete für 2009 geschnürt wurden, kostete die Tonne
Rohöl 150 Dollar, jetzt nur noch 40”, sagte ein Sprecher. Aufgrund
der gesunkenen Inflation verringerten sich zudem die laufenden
Kosten der Partnerhotels.
Als erster großer Reiseveranstalter hatte Alltours im Januar die
Aufschläge für Kerosin zurückgefahren. Bei Rewe-Touristik liegen
die Buchungseingänge zwar leicht unter den Erwartungen, „aber immer
noch im Plan”, sagte eine Sprecherin. Mit Mallorca sei man sogar
„zufrieden”.
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