Wir sind mit der momentanen Finanzkrise in einer extremen
Situation, mit der sich unsere Generation nur medial
auseinandergesetzt hat, weil sich Ähnliches nur auf anderen
Kontinenten abspielte. Aber jetzt hat das Übel auch an unsere Türe
geklopft, in der Wiege des Kapitalismus. Die Menschen sind zutiefst
verunsichert und jeder bastelt derzeit an einer eigenen
Rettungsphilosophie. Egal wo man hinschaut, purzeln in der
Gastronomie die Preise, plötzlich ist alles um die Hälfte billiger.
In Lokalen, wo man früher keine Vorspeise unter 18 Euro bekommen
hat, gibt's dafür jetzt ein ganzes Menü.
Da muss ich mich als Verbraucher doch fragen: Was haben die die
ganzen Jahre vorher gemacht? Mit meinem Geld, meinem Vertrauen,
meiner Gutmütigkeit, wenn ich jetzt für einen Bruchteil des Geldes
angeblich das Gleiche bekomme? Bin ich derbe gesprochen schlichtweg
„verarscht“ worden? Genau dieses Unterfangen dieser Amokläufer
bringt unsere im Koma liegende Wirtschaft so richtig um.
Es ist eine Idiotie, jetzt plötzlich alles richtig billig zu
machen, das reduziert die Preisentwicklung der letzten Jahre auf
null. Der Preis wird verdorben, Produkte verlieren ihre Wertigkeit,
der Fortschritt wird unterbunden. Anstatt dass man diese Epoche,
diese Depression nutzen würde, etwas zu lernen! Bislang ist die
Welt immer noch gestärkt aus Krisen hervorgegangen. Die Chance ist
doch, verantwortungsvoll, kostendeckend, aber – man muss das Kind
auch beim Namen nennen – gewinnbringend zu arbeiten, denn man hat
nicht nur Verantwortung gegenüber dem Gast, sondern auch gegenüber
seinen Angestellten. „Es ist ein Preisproblem“ lautet die voreilige
Diagnose, dabei steht dies doch ganz am Ende einer Kette, anstatt
einmal die eingekauften Produkte, die Konzeption zu analysieren und
ein wenig Selbstreflektion zu betreiben. Nein, diese Überlegungen
wären zu mühsam, also kürzt man den Weg ab – und den Preis. Und
vergisst dabei völlig, dass man dann auch doppelt oder dreimal so
viel Kundschaft braucht.
Deswegen: Bleibt bei eurem Preis! Wer bislang wirklich
überteuert war, der muss eben nachziehen und auch die entsprechende
Leistung bringen. Geld ist ja da, es ist nicht verschwunden. Wir
Gastronomen müssen an die absolute Schmerzgrenze unserer Leistung
gehen, überlegen, was wir noch besser machen können, was wir
entbehren können. Preisdumping dagegen ist ein Nährboden für
Schwarzarbeit und Schwarzeinkäufe. Und dabei geht wertvolles
Steuergeld verloren, das damit am allgemeinen Wohl vorbeigeht! Die
Leute werden künftig sehr bewusst ihr Geld einsetzen, sich sehr
wohl überlegen, was sie kaufen. Und sie gehen da hin, wo sie etwas
bekommen, was ihnen ihr Geld „wert“ ist. Leistung muss her, denn
die ist bei vielen angeknackst bist tief ins Fundament. Viele
Unternehmer müssen auch wohl oder übel einsehen, dass sie selbst
wieder ran und die Ärmel hochkrempeln müssen, sich nicht zu fein
sein dürfen, selbst die Aschenbecher auszutauschen. Denn das
motiviert das Personal – und den Gast! Schluss mit der
Weltuntergangsstimmung. Anstatt zu jammern, dass man nur einen
gottverdammten besetzten Tisch hat, muss der Gastronom was draus
machen! Denn jeder Einzelne ist ein Duplikator. Machen Sie den
Kunden zu Ihrem Komplizen: Wer wirklich zufrieden ist, der kommt
auch in Krisenzeiten wieder.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.