Sie waren eine kulinarische Bereicherung: Die
„Rezepte der Woche“, eine leckere Kochanleitung pro Ausgabe,
veröffentlicht vom Mallorca Magazin, verfasst vom
Zwei-Sterne-Koch Gerhard Schwaiger, Direktor des Tristán in Puerto
Portals. Über vier Jahre ist es her, dass der heute 49-jährige
Spitzenkoch die MM-Leser das erste Mal in seine Töpfe schauen ließ.
Schwaiger verfolgte damit vor allem ein Ziel: möglichst vielen
Menschen Lust auf das Kochen zu machen. Dabei stand nie er als
Starkoch im Vordergrund – sondern immer die Rezepte selbst.
Seit der Ausgabe 42/2004 sind dabei über 200 delikate Ideen
zusammengetragen worden – ein Dutzend darunter stammten auch von
Schwaigers Schützlingen, die im Rahmen der Serie ebenfalls zu Wort
kamen und sich mit einer kulinarischen Kreation präsentieren
durften. Aber ein Spitzenkoch, der seit 1989 mit zwei
Michelin-Sternen geadelt ist, hat natürlich noch mehr auf Lager als
reine Rezeptideen. Oft sind es ja gerade die feinen kleinen Kniffe,
auf die es ankommt, das Zünglein an der Waage spielen auf dem
schmalen Grad hop oder top. In einer neuen Kolumne wird Schwaiger
nun ab dieser Woche direkt das Wort an Sie richten und ein wenig
aus der Gourmet-Trickkiste plaudern: Von Zubereitungsarten, dem
Leben als Sternekoch, richtigem Kochequipment für den heimischen
Herd, neuen Trends und Strömungen in der Restaurantlandschaft oder
einfach Tipps und Ideen rund um verschiedene Lebensmittel.
Seelenfrieden für den Hobbykoch
Kochen soll Spaß machen. Greifen Sie ruhig zu
Hilfsmitteln
Lassen Sie mich Ihnen heute etwas auf den Weg geben, was ich
"Seelenfrieden für den Hobbykoch" nenne. Denn sind wir ehrlich, der
Faktor Zeit ist heutzutage auch am Herd eine wichtige Größe: Es
gibt nicht mehr die Oma, die stundenlang brutzelt und brät. Jetzt
diktieren ja viele Köche sehr gern, man müsse als guter Hobbykoch
alles, aber auch alles selber machen. Aber wo bleibt da der
Spaßfaktor, frage ich Sie - denn um den geht es doch beim Kochen,
um's Wohlgefühl. Viele sind geradezu geschockt, wenn sie in meinen
Kochkursen sehen, dass ich Fertignudeln verwende. In den Kursen
wohlgemerkt - in der Sterneküche haben die natürlich nichts
verloren. Aber schließlich geht es darum, dass man die Rezepte auch
zu Hause zubereiten kann. Und warum dann nicht Fertig-nudeln?
Natürlich nicht irgendwelche, sondern sehr gute, ich verweise immer
auf ein perfektes Produkt - die kosten dann auch schon mal sieben
Euro die 250 Gramm. Die schmecken auch einem verwöhnten Hobbykoch,
der sie selbst sicher auch nicht besser hinbekäme.
Ich bin der Meinung, der Spaß hört da auf, wo es anfängt,
fanatisch zu werden: Sonst müssten wir, wenn wir's ganz genau
nähmen, am Ende ja auch noch das Mehl für die Nudeln selber mahlen.
Das Gleiche gilt übrigens für die gekörnte Brühe, das "Maria
Hilf!", wie es Spitzenköche nennen: Die ist extrem in Verruf
gekommen, weil sie früher voll Geschmacksverstärker Natriumglutamat
war - diesem Stoff, der dem Hirn vorgaukelt, mehr Hunger zu haben,
als man eigentlich hat. Aber: Ein Bio-Produkt, das dazu auch noch
frei von Konservierungsstoffen ist, ist eine ganz feine Sache. Ein
Hobbykoch kann nun mal nicht alleine leisten, was wir hier in der
Sternegastronomie mit 14 Köchen stemmen, und seine Brühe
stundenlang selbst köcheln und reduzieren! Also: Greifen Sie ganz
beruhigt zu einem guten Brühepulver und würzen sie damit nach - ich
verwende es wie Salz und Pfeffer. Und nein, da wird nichts
kaschiert, das ist einfach ein schnelles, modernes Abschmecken -
und auch in einer exquisiten Küche völlig legitim.
Ich benutze zum Beispiel auch gern gefrorenes Gemüse zuhause:
Das ist nicht nur schnell greifbar, sondern wirklich hochwertig in
seinen Inhaltsstoffen und kein Vergleich zu dem vitaminarmen
Frischem aus dem Supermarkt. Auf dem Gemüsemarkt ist die Qualität
natürlich auch gut - ideal wäre der Garten hinterm Haus, aber wer
hat den schon noch?
Ach, und noch eines hab ich für Ihren Seelenfrieden am Herd, vor
allem für den der weiblichen Hobbyköche. Es geht ja immer ein
Raunen durch den Saal, wenn ich hier beim Kurs anfange, mit Butter
zu kochen. Aber lassen Sie sich die Margarine nicht einreden - die
mag zwar ihre Berechtigung haben, wenn es um den Cholesterinspiegel
geht, aber sonst nicht. Butter hat zwar 80 Prozent Fett, aber
Margarine auch: Beide machen dick, wenn man denn so will. Aber eine
Sauce mit 200 Gramm Butter reicht ja auch für zehn Personen - da
braucht man sich wegen den Kalorien also nicht verrückt zu machen.
Nehmen Sie sich beim Kochen wegen solcher Kleinigkeiten nicht
selbst das Glücksgefühl. Denn das ist es doch nämlich, was
schmeckt! Ich verfolge mit Wohlgefallen, wie die offene Wohnküche
derzeit immer gefragter und Essen wieder als Familienzusammenkunft
und generell mehr geschätzt wird. Denn für seine Lieben daheim zu
kochen, heißt auch, geschmacklich "spitz" zu kochen, keinen
Einheitsbrei, der jedem schmeckt, so wie es ihn bei "McDonald's"
gibt. Sondern zu provozieren, die anderen mit seinem eigenen
Geschmack zu konfrontieren und ein Feedback zu bekommen - egal ob
etwas schmeckt oder nicht. Dann wird Essen endlich auch wieder zum
Gesprächsstoff.
Der Autor ist Direktor des Zwei-Sterne-Restaurants Tristán in
Puerto Portals
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