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Doppelt so lange Flugzeiten, Skandale um Bikinis und Auberginen in der Hosentasche von Kellnern – das sind die Mallorca-Anekdoten, mit denen der TUI-Jubiläumskatalog zum 40-jährigen Bestehen aufwartet. Die Insel und der Reisekonzern, sie hatten von Anfang an das Zeug zu einem heißem Sommerflirt. In vier Jahrzehnten ist daraus eine stabile Langzeitbeziehungen geworden. Die Insel ist das bedeutendste Reiseziel für den Konzern, und die TUI ist der wichtigste Partner für die Wirtschaft der Balearen. „Rund ein Viertel aller ausländischen Gäste auf Mallorca kam im vergangenen Jahr mit einem Veranstalter oder einer Fluggesellschaft der TUI”, sagte der Vorstandsvorsitzende der TUI AG, Michael Frenzel, vor wenigen Wochen im MM-Interview.

Am 1. Dezember 1968, als die Touristik Union International (TUI) von vier kleineren Reiseunternehmen gegründet wurde, konnten diese Entwicklung nur die vorausschauendsten Touristiker erahnen. Die Flüge auf die Insel dauerten von Deutschland aus mit vier Stunden noch doppelt so lange wie heute.

TUI-Gründungsmitglied Hummel-Reise bot bereits 1956 Urlaub auf Mallorca an. Die Anreise war jedoch ein Abenteuer: Mit der Bahn ging es nach Genf, von dort mit einer DC-3 zur Insel, nach sechs Tagen dann zurück per Schiff nach Genua und von dort mit dem Zug nach Deutschland.

Mit 200.000 Gästen war Mallorca schon 1968 das beliebteste deutsche Reiseziel im Ausland. Das Seil im Wasser, das weibliche und männliche Badegäste am Strand der Playa de Palma trennte und bei Grenzüberschreitung sofort die Guardia Civil auf den Plan rief, war im TUI-Gründungsjahr bereits gefallen. Aber die ersten Bikinis lösten bei den Beamten ernste Ermahnungen aus. Denn noch regierte in Spanien Diktator Franco. Er hatte die katholische Moraldoktrin fest in den Alltag zementiert. Doch die Badenixen wollten kein Wort verstehen, und die Herren Polizisten mit den gelackten Dreispitz-Helmen konnten damals weder Deutsch noch Englisch. Also blieb der Bikini. Und es wurden immer mehr Zweiteiler, sogar Spanierinnen trauten sich. Der Tourismus stieß den Wandel an. Heute sind selbst Oben-ohne-Nixen keine Aufreger mehr. „Erst 1970 fiel das Bikini-Verbot offiziell“, erinnert sich Tito Robles, der sein kleines Hotel an der Playa de Palma damals an Riu verkaufte, jenes Unternehmen, das heute mit über 100 Hotels in 16 Destinationen, 73.500 Betten und 20.000 Mitarbeitern die größte Ferienhotelkette der Welt. ist. Robles schätzt die damalige Zahl der Hotels an der Playa de Palma auf „etwa 30“. Es gab viel unbebautes Land am Strand.

Langjährige Leser haben im Mallorca Magazin, das 1971, also im Jahr vier der TUI debütierte, immer wieder einmal die Erinnerungsfotos ihrer Ersturlaube veröffentlicht. An der Playa de Palma zogen sich endlose Sandünen hin. Nur hier und da ragte ein moderner Hotelbau in die Höhe. Das Hinterland war weithin mit grünen Kiefernwäldern bedeckt.

Damals gab es in den Hotels noch nicht die heute üblichen Büffets, sondern ein Drei-Gänge-Menü. Manche Gerichte wurden nicht angerührt, weil die Deutschen die Bestandteile der mallorquinischen Küche nicht kannten. Immer wieder hieß es: Was ist das denn? So bekamen die Kellner die Order, stets eine Aubergine in der Hosentasche dabei zu haben. Immer wenn ein Gast wissen wollte, was er da gerade auf seinem Teller vorfinde, wurde ihm die Eierfrucht (Solanum melongena) vorgehalten.

Jürgen Fischer, pensionierter TUI-Vorstand, erinnert sich: „Auf seiner Hochzeitsreise kam Luis Riu mit seiner Frau Pilar 1954 nach Wuppertal zu Dr. Tigges, einem der späteren TUI-Gründer. Wir schlossen einen Vertrag über die Entsendung deutscher Urlauber.“ Fischer machte einige Jahre später Urlaub im San Francisco. Das war das erste Hotel, das der rührige Unternehmer Luis Riu an der Playa de Palma errichtete. „Die 80 Zimmewaren klein, hatten aber schon ein eigenes Bad.“ Inzwischen hat das San Francisco vier Sterne.

Kurz vor seinem Tod im Jahr 1998 nannte Riu sein Erfolgsrezept: „Wir fanden schnell heraus, dass die Deutschen besonderen Wert auf Sauberkeit, Pünktlichkeit und persönlichen Service legten.“ 1968 begrüßte Luis Riu noch jeden Gast persönlich und auf Deutsch. „Anfangs fragten viele Deutsche, ob wir nicht auch ,richtigen Braten mit Soße' kochen könnten. Also taten wir ihnen den Gefallen. Aber schon nach ein paar Jahren wollten die Deutschen statt Sauerkraut und Bratwurst lieber mediterrane Gerichte”, erinnert sich Fischer weiter.

Luis Riu bot als Erster Überwinterungsprogramme an, und auch bei All inclusive marschierte er vorne weg. „Wir hatten immer die Hand am Puls der Urlauberwünsche.“ Das Konzept war so erfolgreich, dass TUI sich 1977 an Riu beteiligte, seit 1993 sogar zu 50 Prozent. Die TUI wiederum erforschte systematisch Urlauberwünsche und gab sie an Riu weiter. Das war das Paradebeispiel einer florierenden Partnerschaft. Inzwischen sind Luis Riu junior und seine Schwester Carmen, die heute den Hotelkonzern führen, mit einem Aktienpaket an der TUI beteiligt.