Der balearische Tourismusminister Miquel Nadal nimmt im MM-Interview Stellung zur Wirtschaftskrise, zur Werbung der Balearen im Ausland, den Aussichten für 2009 und zu den Konflikten mit dem sozialistischen Regierungspartner in Sachen Golfplätze.
MM: Herr Minister, Sie führen den Namen des weltweit
berühmtesten Mallorquiners!
Miquel Nadal: (lacht) Ja, das stimmt. Und ich bin stolz
drauf. Nicht nur, weil Rafa Nadal ein erstklassiger Tennisspieler
ist, sondern auch, weil der Name auf der Insel einen guten Ruf hat.
Mein Großvater war Sponsor des berühmten Radfahrers Guillem Timoner
aus Manacor. So konnte dieser damals zu den Wettkämpfen reisen und
seinen ersten Weltmeistertitel erringen.
MM: Sind Sie verwandt mit Rafael Nadal?
Nadal: Nein. Er entstammt den Nadals aus Manacor. Wir sind
die Nadals aus dem Raum Valldemossa.
MM: Aber diese Frage dürfte Ihnen ständig gestellt
werden?!
Nadal: Uff, immer und immer wieder, vor allem im Ausland. An
jeder Hotelrezeption, wenn sie sehen, dass ich Nadal heiße und aus
Mallorca bin. Manchmal wäre es fast einfacher zu sagen, ja, ja.
Aber das würde ich natürlich nicht machen.
MM: Sie waren jüngst auf dem Reisemessse World Travel
Market in London. Die Medien schrieben, die Deutschen müssten die
touristische Saison 2009 retten. Sehen Sie das auch so?
Nadal: Ich glaube, für die Deutschen werden die Balearen
2009 das bestmögliche Reiseziel sein. Die deutschen Familien, die
von der schwierigen Wirtschaftslage betroffen sind, werden nicht
auf ihren wohlverdienten Urlaub verzichten. Und da die Deutschen
intelligent sind, werden sie sich bei der Wahl ihres Urlaubsziels
für die Balearen entscheiden.
MM: Warum denn das?
Nadal: Weil das hier der beste Flecken Erde auf der Welt
ist. Das sind Inseln, nicht weit weg von Städten in Deutschland,
mit einem fantastischen Klima und den besten Stränden am
Mittelmeer, wenn nicht gar weltweit.
MM: In der Karibik gibt es auch schöne Strände...
Nadal: Ja, aber unsere Inseln sind viel näher. Die
Reisekosten sind niedriger, und überhaupt sind unsere Inseln sehr
sicher. In den Karibik gibt es Orte, an denen Reisenden empfohlen
wird, sich nur im Konvoi oder in Begleitung von Sicherheitskräften
zu bewegen. Das brauchen Sie auf Mallorca nicht. Sie können sich in
Palma so sicher bewegen wie in Düsseldorf, München oder Berlin.
MM: Die Bundesbürger sollen es also 2009 richten. Doch
die jüngsten Wirtschaftsdaten aus Deutschland klingen viel düsterer
als noch vergangene Woche. Beunruhigt Sie das?
Nadal: Wir werden in den kommenden sechs Monaten alles dafür
tun, die Briten und Deutschen zu überzeugen , ihren Urlaub auf den
Balearen zu verbringen. Es gibt derzeit weltweit eine
Vertrauenskrise, viel Pessimismus. Größere Anschaffungen, Autos
oder Wohnungen, werden aufgeschoben. Aber ich setze Vertrauen in
die Deutschen. Sie haben schon ganz andere Krisen überwunden. Im
Frühjahr wird die Wirtschaft wieder anziehen. Die Deutschen werden
ihre wohlverdienten Urlaube antreten, bei uns, auf den
Balearen.
MM: Sie und auch Ministerpräsident Francesc Antich haben
in London den Ausbau der Werbemaßnahmen im Ausland angekündigt. Was
planen Sie konkret?
Nadal: Gerade bei den Briten erfolgt mittlerweile jede
zweite Buchung per Internet direkt beim Hotel und der
Low-Cost-Airline, nicht mehr dagegen über Reiseveranstalter.
Deswegen brauchen wir eine Produktwerbung, die den Endverbraucher
direkt anspricht. Hierfür sind die neuen Technologien von
herausragender Bedeutung. Wichtig ist für uns deshalb auch, die
Werbung so zu gestalten, wie dies ein Privatunternehmen machen
würde. Wir brauchen jeweils einen Verantwortlichen für die
einzelnen touristischen Produkte: Golf, Nautik, Wanderer,
Radsportler, Incentive, Kulturreisende. Das alles, ohne unseren
Top-Seller "sol y playa" zu vernachlässigen.
MM: Apropos Golf, in London haben Sie sich einmal mehr
explizit für den Golftourismus starkgemacht. Aber ausgerechnet Ihr
sozialistischer Regierungspartner legt sich quer. Die Baukommission
des Inselrates votierte am vergangenen Freitag gegen ein
Golfplatzprojekt in Campos.
Nadal: Da ist eine Diskrepanz, die klar zum Ausdruck kam.
Für meine Partei, die Unió Mallorquina, ist Golf kein Problem,
sondern ein Lockmittel. Wir halten die Errichtung von fünf, sechs
zusätzlichen Plätzen für durchaus vertretbar. Ich hoffe, dass das
Projekt Son Bosc in Muro bald Realität sein wird. In Campos muss
etwas geschehen, damit auch diese strukturschwache Gemeinde
Einnahmen erzielen kann. Ich bin sicher, dass wir die
Inselratspräsidentin davon überzeugen können, dass es sehr
notwendig sein wird, dort ein bis drei Hotelanlagen von höchster
Qualität zu errichten.
MM: Die PP-Opposition kritisierte ihrerseits, dass Ihr
Etat für Tourismuswerbung viel zu klein ist. In London versprach
Ministerpräsident Antich mehr Geld dafür bereitzustellen. Heißt
das, dass es bald so einen eingängigen Werbe-Spot im spanischen TV
geben wird, wie ihn Andalusien öfter einspielen lässt?
Nadal: Mir würde das gefallen. Aber der Werbeetat der
Andalusier ist sechsmal so groß wie unserer; und das bei weniger
Hotelplätzen und Besuchern als bei uns auf den Inseln. Das zeigt:
Unser Finanzmitteleinsatz ist viel effektiver. Aber uns reicht das
nicht. Wir wollen mehr Geld investieren, gerade in Zeiten wie
diesen, die zusätzliche Werbeanstrengungen erfordern. Und wenn wir
nicht zusätzliche Mittel aufbringen können, müssen wir das
vorhandene Geld eben so gut wie möglich einsetzen.
MM: Wie wollen Sie das machen?
Nadal: Wir haben einen Marketingplan aufgestellt, den wir
derzeit mit dem Tourismussektor abstimmen, um zu entscheiden, wann
und wo wir wie viel Geld einsetzen. Denken Sie an die
Veranstaltung, die wir im Sommer auf dem Berliner Alexanderplatz
auf die Beine stellten. Ich bin sicher, dass es 2009 wieder eine
solche Veranstaltung in einer deutschen Stadt geben wird. Wo, das
steht noch nicht fest. Nur soviel: Es wird nicht Berlin sein.
MM: Wie sieht Ihr Ausblick für 2009 aus?
Nadal: 2007 war ein absolutes Rekordjahr. Dieses Niveau
haben wir 2008 halten können. Und 2009 wollen wir, ungeachtet der
weltweiten Krise, erneut die Vorjahreszahlen erreichen.
MM: Halten Sie das für möglich?
Nadal: Ich arbeite Tag für Tag dafür und glaube auch, dass
das möglich ist. Aber dazu müssen wir den Bürgern in England und
Deutschland positive Nachrichten vermitteln, und keinen Pessimismus
verbreiten.
MM: Auf der kommenden Tourismus-Börse in Berlin (ITB)
werden die Balearen sich nur noch in einer Halle, statt wie bisher
in zweien, präsentieren. Befürchten Sie nicht, dass das Ihnen als
schmalspurig ausgelegt werden könnte?
Nadal: Wir verringern unsere Präsentation nicht - wir
konzentrieren sie. Die beiden Hallen waren miteinander unzureichend
verbunden. Und die Konzentration auf Wesentliches ist immer
positiv. Den effizienten Einsatz von Geldern und Mitteln habe ich
gerade von den Deutschen gelernt. Jeden Euro, den wir bei den
Ausgaben für die ITB einsparen, werden wir anderweitig in unsere
Werbung investieren, und zwar in Deutschland.
MM: Wird die Bereitschaft zum Verringern der Geldausgaben
2009 die Nachfrage nach All-inclusive auf den Inseln in die Höhe
treiben?
Nadal: Das glaube ich nicht. Es gibt viele Angebote auf den
Inseln, die erschwinglich sind, ohne All-inclusive zu sein. Die
Deutschen sind zudem sehr wohl in der Lage, unnötige wöchentliche
Ausgaben im Alltag zu vermeiden. Aber sie werden nicht auf ihren
verdienten Urlaub auf den Balearen verzichten.
MM: Als neuer Tourismusminister sind Sie seit sieben
Wochen im Amt. Ein englisches Sprichwort sagt: Never change a
winning team. Fand der Wechsel an der Spitze Ihrer Behörde zum
geeigneten Zeitpunkt statt?
Nadal: Wir hatten hier das beste Team, das es je gab. Aber
in meiner Partei haben wir angesichts der Wirtschaftskrise
beschlossen, mit dem Vorsitzenden das größte politische
Schwergewicht der UM an die Spitze des Ministeriums zu setzen, weil
gerade in diesen Zeiten die Tourismuswerbung der Balearen von
erstrangiger Bedeutung ist und wir uns alle einbringen müssen.
MM: Im Gespräch mit Ihnen wird deutlich, dass Sie viel
von Deutschland und den Deutschen halten. Haben Sie dort schon
einmal Urlaub gemacht?
Nadal: Ja. Einen meiner schönsten Urlaube verbrachte ich im
Schwarzwald. In einem Lokal bestellte ich eine Cola. Die Kellnerin
konnte es nicht fassen, dass man als Mallorquiner Urlaub in
Deutschland macht, noch dazu im August, anstatt am Strand zu
liegen. Ich bin auch ein großer Fan von Berlin und habe dort zwei
Mal am Marathon teilgenommen. Meine Bestzeit dort betrug zwei
Stunden, 42 Minuten. Bewegend fand ich den Fall der Mauer. Zwei
Monate später war ich dort. Einen Betonbrocken aus der Mauer habe
ich heute noch zu Hause.
Mit Miquel Nadal sprach Alexander Sepasgosarian.
ZUR PERSON: MIQUEL NADAL
Mit der Ausdauer eines Marathonläufers hat sich Miquel Nadal der
Politik verschrieben. Der Vorsitzende der
bürgerlich-regionalistischen Unió Mallorquina (UM) ist seit 1.
Oktober 2008 balearischer Tourismusminister. Er löste damit seinen
Parteifreund Francesc Buils ab.
Geboren 1960 in Palma, studierte Miquel Nadal Jura und absolvierte anschließend eine Ausbildung zur Unternehmensführung. Als Beamter der balearischen Verwaltung war er unter anderem mit der wirtschaftlichen Leitung des psychiatrischen Krankenhauses betraut.
Der Politiker trat 1993 der UM bei und wurde 1999 zum Parlamentsabgeordneten gewählt. Von 2001 bis 2007 war er unter Maria Antònia Munar Vize-Präsident des Inselrates. 2007 kandidierte Nadal für das Amt des Bürgermeisters in Palma.
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