Tarzan ist bereit zum Einsatz. José Manuel
García stülpt dem Falken noch eben ein Häubchen über und lässt ihn
sich auf einem dicken Lederhandschuh festkrallen, bevor er ihn ins
Auto verfrachtet. Der Tower vom Airport Son Sant Joan hat ein paar
Möwen über einer der Landebahnen gesichtet – Tarzan soll die
Störenfriede vertreiben, damit die anfliegenden Flugzeuge
unbeschadet landen können.
Falkner García und seine drei Kollegen drehen täglich mit ihren
Räubern ihre Runden auf dem Flughafengelände. Die Entsendung von
Falken ist laut der Flughafenbetreibergesellschaft Aena das
wirksamste Mittel, um die gefürchteten Vogelschläge zu verhindern.
Zusammenstöße von Flugzeugen mit einzelnen Vögeln und ganzen
Vogelschwärmen sind in der Luftfahrt weltweit an der Tagesordnung –
oft sind die Folgen harmlos, aber in einigen Fällen haben Vögel
Flugzeugabstürze mit Todesopfern verursacht.
Ganz so dramatisch war der jüngst in Rom bekannt gewordene
Zwischenfall mit einer Maschine von Ryanair nicht: Ein aus
Frankfurt-Hahn kommendes Flugzeug der irischen Airline durchquerte
beim Landeanflug einen Schwarm Stare. Einige Vögel gerieten in die
Triebwerke, die Passagiere hörten einen Knall und sahen Flammen.
Die Boeing 737 musste notlanden und wurde schwer beschädigt, die
166 Passagiere blieben unverletzt.
„Bei schlechtem Wetter haben wir besonders viel zu tun”, sagt
García. Dann ist das Meer aufgewühlt und die Vögel, die sonst über
dem Wasser kreisen, verziehen sich weiter ins Inselinnere.
Eigentlich immer bereiten Möwen, angelockt von den drei Kläranlagen
in der Nähe und früher auch von der nahe gelegenen Müllkippe Son
Reus, dem Luftverkehr von Sant Son Joan Probleme. Die meisten
Eindringlinge registrieren die Falkner in den frühen Wintermonaten,
wenn die Zugvögel aus dem Norden auf die Insel kommen oder einen
Zwischenstopp einlegen auf dem weiteren Weg nach Süden. Neben Möwen
und Rebhühnern machen dann zum Beispiel auch Stare und Kiebitze den
Luftraum unsicher. Wer glaubt, dass ein Vögelchen einem
tonnenschweren motorisierten Eisenvogel nicht viel anhaben kann,
der irrt. „Bei einer Geschwindigkeit von 300 km/h kann auch der
Aufprall einzelner Tiere ordentlichen Schaden anrichten”, weiß
García. Beulen und gesprungene Windschutzscheiben gehören da noch
zu den geringeren Problemen. Wenn die Federtiere in die Motoren
geraten, kann die Situation richtig brenzlig werden.
Aena unterhält am Flughafen von Palma rund 30 Falken
verschiedener Rassen. Ihre Trainer und Pfleger haben immer mehrere
unterschiedliche Tiere dabei: Sie werden je nach Größe der
potenziellen Beute eingesetzt. Unterstützt werden sie von zwei
Jagdhunden, die am Boden sitzende Vögel in die Luft scheuchen, um
sie so ihren Jägern in die Fänge zu treiben, und die auch tote
Vögel und Kaninchen von den Start- und Landebahnen aufsammeln.
Die Hauptaufgabe der Falken sind „Aufklärungsflüge”. Allein
durch ihre Präsenz in der Luft verjagen die schnellen Raubvögel
alles, was in ihr Beuteschema passt. „Damit die Vögel die Falken
auch ernst nehmen und sich nicht an sie gewöhnen, lassen wir sie
auch regelmäßig Vögel schlagen”, beschreibt García, der seine
Falken auch selbst abrichtet. Akustische Signale haben sich genau
aus diesem Grund als wenig wirksam zur Vogelscheuche erwiesen.
Für eine erfolgreiche Jagd bekommen die Falken einen
Extra-Leckerbissen. Das Futter treibt sie auch zurück zu ihren
„Herrchen”. Selbst wenn kein einziger Vogel am Himmel gesichtet
wird, lassen die Falkner ihre Schützlinge fliegen: „Sie müssen sich
täglich etwa eine Stunde bewegen, um fit zu bleiben.” Vor jedem
Einsatz werden sie gewogen – nur mit dem Idealgewicht sind sie
schnell und kräftig genug, um ihre Beute zu verfolgen und zu
erlegen.
Ganz verhindern lassen sich Vogelschläge aber auch durch die
Falkner nicht. Immer wieder kommt es laut García auch in Palmas
Airport zu kleineren Zwischenfällen, die in der Regel aber keinen
großen Schaden anrichten.
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