Der Mann mit Kind beim Abwasch - in vielen Familien ist das nicht die Regel

TW
0

Victor ist Gärtner, seine Frau ist Bademeisterin. Mit umgeschnallter Babytrage steht Victor am Spülbecken. „Er und seine Frau teilen sich jeden Tag die Hausarbeit“, steht über dem Foto. „Und du, warum nicht auch du?“ Der Kampf gegen das Machotum hat die heimische Türschwelle überschritten.

Und zwar in Form einer violetten Boschüre in der Tagespresse, auf deren Titelblatt das Bild von Victor prangt. Er und auch die anderen Personen, die für die Kampagne werben, sind keine Models, sondern reale Personen der Insel. Auf der Rückansicht der Broschüre ist ein Wochenkalender: Einem Stundenplan gleich soll hier eingetragen werden, welche Person welche Hausarbeit wann verrichtet hat. „Wir wollen damit natürlich provozieren – denn wir haben schon gewonnen, wenn wir Aufmerksamkeit erregen und eine künftig gemeinsame Arbeitsteilung in den Familien überhaupt thematisiert wird“, erklärt Lila Thomàs, Direktorin des Fraueninstitutes, das in Kooperation mit dem Inselrat die Aktion ins Leben gerufen hat. Denn um eine ausgewogene Aufteilung scheint es schlecht bestellt in Spanien. „Allein die Notwendigkeit wird zu wenig erkannt. Frauen müssen ‚Superfrauen‘ sein – Arbeit, Haushalt, Kinder – gleichzeitig stemmen.“ 2007 waren in Spanien 69 Prozent der Männer und 49 Prozent Frauen berufstätig.

Mittlerweile habe man in Spanien zwar gute Gesetze in Genderfragen, „aber das Gesetz reicht nicht bis in die Familie“. Häusliche Gewalt sei mittlerweile ins öffentliche Bewusstsein gedrungen – nun müsse die familiäre Harmonie an der Wurzel gepackt werden: angefangen bei den kleinen lästigen Alltagspflichten.

Das Mallorca Magazin ließ vier spanische Ehepaare den Stundenplan aus seiner Erinnerung für die vergangene Woche ausfüllen. Das Ergebnis: Die Frauen, obwohl auch berufstätig wie die Männer, übernahmen den Löwenanteil der Hausarbeit. Geteilt oder gemeinsam übernommen wurden nur Aufgaben wie Einkaufen, Tisch decken, Betten machen. Allerdings zeigten sich alle auch nicht unzufrieden mit der Situation. „José ist sehr eingespannt im Job und kommt spät nach Hause – da ist es für mich auch kein Problem, wenn ich mehr Arbeiten übernehme“, erzählte Loli, die einen Fragebogen ausfüllte.

„Das Problem ist, dass es selbst jungen Paaren schwer fällt, umzudenken – denn sie machen nach, was ihnen ihre Eltern vorgelebt haben“, erklärt Lila Thomàs. Leider gebe es in Spanien keine aussagekräftigen Genderstudien zu diesem Thema – ein Indiz dafür, dass das Bewusstsein dafür eben erst erwache. „Wir haben ein tolles Feedback bekommen, von Leuten, die uns den Stundenplan sogar einschicken wollten. Was gäben wir drum, wenn wir zwei Soziologen zur Auswertung hätten...“

In Deutschland ist Gleichstellung in der Familie schon seit vielen Jahren ein Thema. Bei einer großangelegten Brigitte-Studie aus dem Jahr 2000 gaben 83 Prozent der Frauen an, Männer sollten Hausarbeit endlich auch beherrschen. Andererseits scheint erst einmal ein generelles Umdenken stattfinden zu müssen – auf beiden Seiten. „Ich mache Hausarbeit gern – und Juan hat eh zwei linke Hände“, erzählte die 35-jährige Aina beim Ausfüllen des Bogens.

Ein Beispiel dafür, wie schwer es vielen Frauen fällt, ihr altes Rollenverhalten loszulassen. Auf der anderen Seite würden sich laut einer Studie des demoskopischen Institutes Allensbach mehr Männer in Haus und Erziehung einbringen, wenn sie sicher gehen könnten, dennoch weiterhin von ihren Partnerinnen als „echte Männer“ wahrgenommen zu werden.

An diesem Punkt wird auch die zweite Phase der Insel-Kampagne ansetzen, die im November startet: Prominente Männer sollen sich öffentlich für die Gleichstellung und eine gemeinsame Arbeitsteilung und Freizeitgestaltung in der Familie aussprechen, „um andere Männer zu animieren, es ihnen gleichzutun“, erklärt Thomàs. Auch das Ergebnis einer aktuellen US-Studie dürfte Anreiz sein: Männer, die im Haushalt mithelfen, haben besseren Sex. Je mehr sich der Mann beteilige, desto glücklicher sei die Frau – und dies schlage sich deutlich in Häufigkeit und Intensität des Sexlebens nieder.