Hunde, die von ihren Besitzern einfach auf dem Balkon
,,vergessen” werden, Pferde, die ohne Pflege und ausreichendes
Fressen ein Schattendasein in dunklen Ställen fristen, Kätzlein,
die im Müllcontainer landen: Tierleid ist Alltag auf Mallorca. Wenn
sich an der Situation der vierbeinigen Hausgenossen in den
vergangenen Jahren etwas verbessert hat, dann sind das vor allem
die Früchte der Arbeit von vielen privaten Initiativen. Man habe
einen Bewusstseinswandel zum Thema Tierhaltung in der
mallorquinischen Gesellschaft beobachtet, sind sich die meisten
Tierschüzter auf der Insel einig. Warum die Zahl der ausgesetzten
und abgegebenen Tiere in diesem Jahr dennoch spürbar gewachsen ist,
das sagen zumindest die von MM befragten
Tierschutzorganisationen, kann sich keiner so recht erklären.
Manche deutsche Tierschützer vermuten, dass die Schwemme ein
gutes Zeichen sein könnte – und dass die Leute die Tiere inzwischen
lieber in einem privaten Tierheim abgeben als in Son Reus, wo sie
womöglich getötet werden.
,,Wir sind dem Kollaps nahe”, sagt Jan Gil, Präsident des privaten
Tierheims Centro Canino Internacional bei Palma. Gil mutmaßt, dass
die Zunahme der Notfälle mit der Erhöhung der Gebühren im
städtischen Tierheim Son Reus zusammenhängen könnte: Dort kostet es
nun 60 Euro, um einen großen Hund loszuwerden, gut 20 Euro mehr als
früher. Laut Tierheimleiter Pedro Morell hat das aber nicht dazu
geführt, dass weniger unerwünschte Tiere bei ihm abgegeben werden.
Im Gegenteil: Auch dort registriere man eine moderate Zunahme an
abgegebenen Tieren. Rund 6000 sind es pro Jahr. Davon können rund
die Hälfte wieder an den ursprünglichen oder an neue Besitzer
vermittelt werden.
Zu viel Arbeit und zu wenig Platz: So sieht es in Son Reus
genauso wie in den privaten Tierheimen aus. ,,Entweder Son Reus
müsste ausgebaut oder weitere Tierheime auf der Insel gebaut
werden”, sagt Morell. Bis heute wissen die Behörden der
Hundeschwemme nur mit der Tötung der ,,überflüssigen” und nicht
gleich vermittelbaren Tiere zu begegnen.
Nun sieht es so aus, als ob die verschiedenen Inselbehörden und
die Tierschützer erstmals gemeinsam an einem Strang ziehen, um
Lösungen zu finden. Baldea, eine Dachorganisation von verschiedenen
Tierschutzvereinen der Insel, wurde mit der Erarbeitung einer
Studie beauftragt. Ende November will Baldea-Präsidentin Maxi Lange
diese Arbeit abgeben. Sie soll die Situation der Tierschutzarbeit
auf der Insel beleuchten und Grundlage sein für Entscheidungen über
den Bau neuer Infrastruktur und Maßnahmen zur Eindämmung der Hunde-
und Katzenpopulationen. ,,Derzeit ist die Infrastruktur nicht
ausreichend, um alle Tiere im Heim behalten zu können”, sagt Maxi
Lange. Es sei klar, dass bislang zu wenig investiert worden ist.
,,Auf ein Stopp der Tötungen sollte kräftig hingearbeitet
werden.”
Immer wieder kritisiert wird die Zusammenarbeit der Stadt Palma
mit dem Betreiber des Natura Parc: Gegen eine Gebühr transportiert
der herrenlose Tiere aus den Landgemeinden nach Son Reus. Die
Dörfer sparen sich so den Betrieb eigener Tierauffangstationen.
Nach Ansicht des Chefs des Tierheims von Palma ist das zwar keine
Lösung, aber es seien die Hunde bei ihm immer noch besser
aufgehoben als auf der Straße oder in Zwingern, die nicht einmal
Mindestanforderungen an Platz und Hygiene erfüllen.
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