Wer auf er Landstraße von Santa Maria nach
Sencelles unterwegs ist, fährt mitten hindurch: Weinplantagen zur
linken, Weinplantagen zur rechten. Das Rebland in der fruchtbaren
Ebene präsentiert sich in diesen Tagen üppig grün; mit Glück sind
zwischen den Rebzeilen die Winzer und ihre Helfer bei der Arbeit zu
sehen. Auf Mallorca hat die Weinlese der frühreifenden Sorten wie
dem weißen Chardonnay begonnen. Die Ernte zieht sich bis Oktober
hin, wenn die späten Sorten wie Callet, Cabernet und Mantonegro vom
Stock geschnitten werden.
Doch das idyllische Bild in den Weingärten trügt. Die Ernte wird
in diesem Jahr deutlich kleiner ausfallen. Sprecher der diversen
Weinbauorganisationen gehen von Ertragsverlusten von 25 bis 40
Prozent aus, verglichen mit einem durchschnittlichen Jahr. Schuld
an den Verlusten sind Pilzinfektionen. Doch den Winzern bleibt ein
Trost: Ungeachtet aller Probleme, die es im Rebland gegeben hat,
lässt die Qualität der gesunden Trauben einen guten Jahrgang
erwarten.
„Das war ein hartes Jahr”, sagt Ramon Servalls, Direktor der
Bodega Macià Batle in Santa Maria und zugleich Präsident der
Vereinigung der großen Weingüter auf den Balearen. Es gibt
Weinbauern, die nahezu ihre gesamte Ernte verloren. Andere wiederum
erlitten Einbußen von allenfalls fünf bis zehn Prozent. Vor allem
der Mehltau, eine Pilzerkrankung, habe den Winzern den ganzen
Sommer hindurch zu schaffen gemacht. „Wir kamen von einem extremen
Regen in eine extreme Hitze”, schildert Ramon Servalls den Verlauf.
Nach dem vielen Regen im Mai schoss das Quecksilber übergangslos in
die Höhe. Das schwüle Klima führte dazu, dass die Pilze sich
explosionsartig ausbreiteten.
Mitunter standen die Landwirte zähneknirschend am Feldrand und
konnten nichts dagegen tun. Denn die Böden waren zum Teil derart
aufgeweicht, dass die Trecker für den Spritzeinsatz im Morast nicht
vorwärts kamen.
Je nach Lage der Weinberge, ihrem Gefälle und dem Mikroklima
konnten die Rebstöcke selbst auf nahen Weinbergen unterschiedlich
stark befallen sein, sagt der junge Kellermeister der Bodega Can
Majoral, Andreu Oliver: „Wir haben zwei Anbauflächen in Algaida.
Die eine war nahezu frei von jedwedem Befall, die andere, nur
wenige Kilometer entfernt, stark betroffen.”
Wer von den Winzern allerdings seine Hausaufgaben gemacht habe
und Gegenmaßnahmen ergriff – also Schwefel und Kupferoxid
ausbrachte, kranke Reben herausschnitt und das Laub ausdünnte zur
besseren Belüftung der Trauben, was viel Handarbeit im Feld
erfordert – habe die ungewöhnlich intensive Mehltau-Attacke besser
überstanden. Zudem seien nicht alle Rebsorten gleich anfällig.
„Prensal, Callet und Syrah wussten dem Pilz zu trotzen. Probleme
gab es dagegen beim Merlot und beim Cabernet.”
Jene Trauben, die gesund blieben, entwickeln sich nach Andreu
Olivers Worten dennoch prächtig. „Das wird zwar kein spektakulärer,
aber immerhin doch ein guter Jahrgang.”
Weniger Trauben bedeuten aber auch weniger Jahrgangswein 2008.
Der Ertragsrückgang wird die Weinmenge um mindestens ein Viertel
niedriger ausfallen lassen als in einem normalen Jahr, schätzt der
Präsident der anerkannten Weinbauregion DO Binissalem, Pere
Calafat. Allerdings sei auch zu bedenken, dass die Anbaufläche in
den vergangenen zehn Jahren stark zugenommen habe, inselweit um 67
Prozent. Es werde mehr produziert, als der Markt aufnehme.
Der jetzige Rückgang fällt daher nicht allzu sehr ins Gewicht.
Die Weine mit hoher Qualität werden jedoch – wie jedes Jahr – sehr
gefragt sein.
Wenn die Edeltropfen knapp werden, so Pere Calafat, werden die
Bodegas sie besonders selektiv verkaufen. „Die Bodegueros knausern
dann mit ihren Lagerbeständen, um ihre Stammkunden gut bedienen zu
können.”
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