Der Absturz eines Spanair-Passagierflugzeugs bewegt auch nach
einer Woche ganz Spanien. Tag für Tag gelangen neue Details des
Unglücks an die Öffentlichkeit. 154 der 172 Insassen waren bei dem
Unfall auf dem Flughafen Barajas in Madrid am Mittwoch vergangener
Woche ums Leben gekommen. Es handelte sich dabei um den Flug JK
5022 von Madrid nach Gran Canaria, für den auch fünf
Lufthansa-Passagiere eingecheckt hatten.
Die Suche nach der Ursache ist derweil noch nicht abgeschlossen.
Zuletzt verhärtete sich der Verdacht, dass die Maschine beim
Startversuch zu wenig Schub hatte. Laut Medienberichten war das
Flugzeug des Typs MD-82 deutlich langsamer als üblich und benötigte
einen halben Kilometer mehr, um abzuheben. Nun scheinen sich die
Untersuchungen auf die Frage zu konzentrieren, warum der Maschine
Schub fehlte.
Laut Flugexperten könnte das rechte Triebwerk mit Umkehrschub
funktioniert haben. „Das würde erklären, warum die Maschine nach
rechts abschmierte”, so ein Luftfahrt-Ingenieur. Wie der
entsprechende Hebel im Cockpit betätigt worden sein könnte, ist
aber völlig offen. Eigentlich ist der Umkehrschub zum Bremsen da
und dürfte während des Starts keinesfalls zu aktivieren sein.
„Solange die Gashebel nach vorne gelegt sind, lässt sich der Hebel
überhaupt nicht bewegen”, so der deutsche Flugingenieur Jürgen
Heermann gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Klar ist, dass das Flugzeug beim Start nur wenige Meter an Höhe
gewann und dann zuerst mit dem Heck auf dem Boden aufschlug. Die
Maschine raste anschließend noch mehr als einen Kilometer weiter,
schlug drei weitere Male auf dem Boden auf, schoss über eine
Böschung hinaus und ging dann in einem Flussbett in Flammen auf.
Eine Stewardess soll überlebt haben, weil sie im Moment der
Explosion im Wasser lag und so vor den Flammen geschützt war.
Derweil wurde bekannt, dass die Unglücksmaschine offenbar schon
Wochen vor der Katastrophe technische Mängel aufwies. So berichtete
eine dänische Zeitung, am 26. Juli habe der Pilot der Maschine den
Start in Palma abgebrochen, da plötzlich ein lautes Rütteln zu
hören gewesen sei. „Dänen flogen in der Todesmaschine”, titelte die
Zeitung Ekstra Bladet. Spanair räumte den Vorfall ein, betonte
aber, das Problem sei dem Piloten schon auf dem Weg zur Rollbahn
aufgefallen. Nach der Untersuchung der Maschine durch die
zuständigen Mechaniker konnte der Flug eine Dreiviertelstunde
später in Richtung Kopenhagen starten. Auch beim Unglücksflug von
Madrid hatte der Pilot einen ersten Startversuch abgebrochen.
Fest steht mittlerweile, dass unter den Todesopfern auch fünf
Deutsche sind. Es handelt sich wie bereits vermutet um eine Familie
aus Pullach bei München. Die Identifizierung gelang durch einen
DNA-Abgleich mit Angehörigen. Dies teilte das Bayerische
Landeskriminalamt in München mit. Die 38 Jahre alte Mutter und der
50-jährige Vater wollten mit ihren fünf und acht Jahre alten Söhnen
in den Urlaub nach Gran Canaria fliegen. Außerdem ist offenbar eine
Spanierin deutscher Abstammung unter den Opfern.
Die Leichen wurden wie schon nach den Bombenanschlägen in Madrid
im Jahr 2004 in eine Halle auf dem Messegelände unweit des
Flughafens gebracht. Dorthin mussten sich die Angehörigen begeben,
um die zum Teil schwer entstellten Körper zu identifizieren.
Mittlerweile sind 115 der Opfer zweifelsfrei identifiziert. Für den
11. September ist eine zentrale Trauerfeier geplant.
Die Fluggesellschaft Spanair ist ein Tochterunternehmen der
skandinavischen Airline SAS und steckt seit Monaten in der Krise.
Allein im ersten Halbjahr 2008 machte die Airline 55 Millionen Euro
Verlust. Mehr als 1000 Spanair-Angestellte könnten in den nächsten
Monaten ihren Job verlieren. Wie auch die Lufthansa gehört die
Airline mit Sitz in Palma der Star Alliance an. Darum war der Flug
von Madrid nach Gran Canaria im sogenannten „Code-Sharing” von
beiden Airlines angeboten worden.
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