Da waren sie schon immer, aber als Plage
tauchten Quallen im Balearengewässer und sonstwo in den Weltmeeren
erst in den vergangenen Jahren auffallend häufig auf. In Spanien,
wo man sich das Geschäft mit den Sommerurlaubern auf keinen Fall
durch ätzende Glibbertiere verderben lassen will, ist das
Quallenproblem jetzt sozusagen amtlich anerkannt: Das spanische
Umweltministerium wird in diesem Sommer die Fischer dafür bezahlen,
auf Medusenfang zu gehen. Auch im Balearengewässer sollen möglichst
viele Quallen bereits auf hoher See abgefischt werden, bevor sie
durch Wind und Strömung an die Küsten getrieben werden. Zusätzlich
setzt die regionale Regierung nun auch die Müllboote ein, um
Quallen in Strandnähe aus dem Wasser zu fischen.
Im Gegensatz zum vergangenen Frühjahr, als Fischer und
Wissenschaftler große Ansammlungen von Giftquallen vor Mallorcas
Küste gesichtet hatten, gab es zu diesem Saisonstart noch keine
Meldungen über größere Vorkommen. „Das muss aber nichts bedeuten”,
heißt es aus dem balearischen Umweltministerium. „Ob solche
Medusenschwärme gesichtet werden oder nicht, ist reiner Zufall.”
Dass die plagenartige Vermehrung der Nesseltiere kein vereinzeltes
Phänomen ist, sondern uns langfristig begleiten wird, davon sind
viele Umweltschützer und Wissenschaftler überzeugt: Erst vor Kurzem
hat der renommierte spanische Meeresbiologe Enric Sala gegenüber
der Nachrichtenagentur EFE ein Horrorszenario beschrieben, das
schon in wenigen Jahren zu erwarten sei: Das Mittelmeer werde sich
in eine „Suppe aus Quallen und Mikroben” verwandeln. Die
Überfischung, die Ausrottung von Thunfisch und Meeresschildkröte
(die natürlichen Feinde der Quallen), die Wasserverschmutzung und
der Temperaturanstieg der Meere werden als mögliche Ursachen für
die explosionsartige Quallenvermehrung vermutet.
Da es für die Ursachenbekämpfung offenbar am politischen Willen
fehlt, setzt Spanien nun immerhin auf Schadensbegrenzung: die
Abfischung der gallertartigen Organismen. Die Aktion soll am 1.
Juni anlaufen, gleichzeitig mit dem Einsatz der Müllboote. Die
spanische Regierung hat, über die öffentliche Firma Tragsa,
Abkommen mit den Fischereiverbänden der Küstenregionen getroffen:
Zwei bis vier Fischerboote sollen pro „Cofradía” Medusen statt
Fisch fangen. Dafür kriegen sie 600 Euro pro Tag und Boot plus 1'50
Euro pro Kilo Quallen. Manche Fischer sind trotz der erwünschten
Einnahmen skeptisch, ob die Medusenfischerei effektiv ist: „Das
Meer wird trotzdem voll von ihnen bleiben.”
Die Müllboote, die seit einigen Jahren vor Mallorcas Küste
herumtuckern, um Plastik und andere Abfälle aus dem Badewasser zu
sieben, werden nun mit engmaschigen Netzen ausgestattet, in denen
die Quallen in Küstennähe hängenbleiben sollen. Problem: Sie
reichen nur einen halben Meter tief. Und Tentakelstückchen können
durch die Maschen schlüpfen und womöglich dennoch zu Verätzungen
führen.
Als weitere Präventionsmaßnahme werde erwogen, so das
Umweltministerium, Quallensichtungen an den Stränden künftig im
Internet anzukündigen: Auf der Seite www.platgesdebalears. com kann
man derzeit bereits die aktuelle Beflaggung der Playas abfragen.
Nun könnte eine neue Flagge hinzukommen: eine lilafarbene für
Quallenalarm.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.