TW
0

Der Boden bebt, die Luft vibriert, und selbst der Unmusikalischste wird von dem Rhythmus mitgerissen. Händeklatschen und Kastagnetten vermischen sich mit dem Klappern von Hunderten Flamenco-Schuhen: Olé!

Nicht Sevilla, wie es scheint, Palma ist der Schauplatz dieses Spektakels: Die "Feria de Abril", ein Volksfest zu Ehren des sevillanischen Flamencos, tobt zur Zeit in Palma, und das schon zum 19. Mal.

Unendlich scheinende Autoschlangen schieben sich in Richtung Festplatz. Das sonst brachliegende Gelände im Industrieviertel Son Rossinyol zeigt, dank der Feria, ein ungewohntes Panorama: Menschenmassen, laute Musik und ein Meer aus Lichtern. Wer nicht mit dem dem Bus von der Plaça d'Espanya kommt, muss einen der rund tausend Parkplätze ergattern, die sich zu dieser späten Stunde im rasanten Tempo füllen.

Drinnen in den Festzelten wirbeln die farbenprächtigsten Rüschenkleider zum Takt andalusischer "Sevillanas" um die Wette. Auch vor den Eingangstoren der 28 Festzelte, den "Casetas", ist die Fiesta im vollen Gange: Ohrenbetäubende Musik dröhnt aus geparkten Autos, Motorhauben werden zu Bars für die Jugendlichen. Alles scheint erlaubt: Auch den "Botellón" lässt die Polizei heute durchgehen.

Für Neuankömmlinge ohne Flamenco-Outfit heißt es: An einem der Stände noch schnell das passende Kleid ergattern und ab ins Getümmel. Dort stampfen sogar die Kleinsten, oft noch wackelig auf den Beinen, wie Flamenco-Stars im Miniaturformat über die Tanzfläche.

Der größte Blickfang sind allerdings die stolzen Señoras: Geschmückt mit Blumen, Tüchern, Haarkronen und in den auffälligsten Stoffen sind es sie, die dem Ambiente die nötige Dosis Nostalgie verleihen. So viel Stolz beim Vorzeigen ihrer Kostüme: Damit machen sie den "Flamenconas" aus dem sevillanischen Viertel "Triana" echte Konkurrenz.

Sehen und gesehen werden, lautet die Devise. Nicht nur für die ältere Generation, sondern auch für die Massen von Jugendlichen. Fast die Hälfte der Casetas gehören zu Palmas Bars und Clubs. Hier können Junge und Junggebliebene bis 5 Uhr morgens zu Shakira und Co. auch ganz modern durchtanzen; während der Woche bis zwei.

Wer beim feucht-fröhlichen "Zelte-Hopping" Hunger bekommt, kann zwischen herzhaften andalusischen Tapas und Süßem wie Churros mit Schokolade wählen. Gerüche vermischen sich wie die Musikrichtungen und das Publikum: Palmas "Schickeria" und Zigeuner flanieren nebeneinander durch die lichtdurchflutete "Caseta- Promenade". Alle wollen sie die aufwendig geschmückten Festzelte sehen, die Reit-Shows und Flamenco-Spektakel.

Die balearische Feria ist weniger authentisch als ihre große sevillanische Schwester, doch für Tanzwütige mit starken Nerven allemal einen Besuch wert. Feiern wie in Sevilla. Mitten auf Mallorca.