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Palmas Paseo Marítimo ist 50 Jahre alt geworden. Für die spanischen Medien war es allenfalls lästige Chronistenpflicht, an das Jubiläum zu erinnern. Es gab dieselben alten Fotos wie alle zehn Jahre wieder. Die Gelegenheit, das Ereignis zur Grundlage einer Diskussion über Sinn und Zweck des Bauwerks zu machen, wie weiter mit der Stadtplanung und Verkehrsführung zu verfahren sei, wurde nicht ergriffen, weder von Politikern noch Architekten.

Dabei hatte es Llorenç Villalonga, Mallorcas großer Romancier, nur gut gemeint mit Palma. Die Stadt habe eine Flaniermeile direkt am Meer bitter nötig, um als touristisches Ziel mit anderen Destinationen mithalten zu können, schrieb der Arzt Anfang 1936 in dem von ihm verlegten Schöngeist-Magazin „Brisas”. Der vergilbte Artikel unter dem Titel „El Paseo Marítimo” forderte eine luxuriöse Meile mit Strandbädern und Cafés. Die Touristen sollten am Paseo – so wie im Vorbild Nizza – beim Flanieren das Meer SEHEN und darin sogar BADEN können.

Der Paseo kam 1958, aber nicht als Flaniermeile, sondern als schnöde Verbindungsstraße. Die einst malerische, ja wild-romantische Steilküste Palmas wurde in der Folge gnadenlos mit Beton zugeknallt. Gesichtslose Wohntürme, die von See aus wie übereinandergestapelte Schuhkartons wirken, riegelten die erste Linie ab, nahmen den edlen Fin-de-Siècle-Villen die Sicht und die Pracht. Wohnviertel wie Son Armadans und El Terreno gingen angesichts der aggressiven, nur auf Gewinn ausgerichteten Stadtplanung vor die Hunde.

Statt Nizza ein anderes Vorbild: Wären die Bebauung streng geregelt, die Gebäudehöhen beschränkt, ihr Anstieg stufenartig vorgeschrieben gewesen – Palma hätte am Paseo heute ein edles Flair aufzuweisen, ähnlich wie Portofino an der italienischen Riviera.

Doch über Verpatztes zu lamentieren bringt nichts. Die Frage ist, wie kann man dem Paseo Marítimo Leben einhauchen, ohne dass es im Verkehrslärm, in den Abgasen und im samstäglichen Saufgelage erstickt. Der Verkehr müsste stark ausgedünnt werden. Vielleicht mit einer leisen Straßenbahn. Dann kann die Hafenautobahn zu einer echten Flaniermeile werden. Mit netten Cafés am Wasser, die es derzeit dort so gut wie nicht gibt.