Die Staatsanwaltschaft für Korruptionsdelikte in Palma kann sich
über Mangel an Arbeit nicht beklagen. Vor allem seit dem
Regierungswechsel auf den Balearen im vergangenen Sommer häufen
sich die Skandale. So wurde in der vergangenen Woche ein neuer Fall
bekannt und ein anderer erhielt eine unerwartete Wende.
Am Samstag verhaftete die Polizei den ehemaligen Chef von Bitel,
dem Tochterunternehmen der Balearen-Regierung, das für Innovationen
in Telekommunikation und Informatik zuständig ist. Dem 49 Jahre
alten Damià Vidal wird vorgeworfen, während seiner Amtszeit rund
700.000 Euro Steuergeld veruntreut zu haben. Gegen eine Kaution von
200.000 Euro ist er wieder auf freiem Fuß, seit er seine Schuld
eingeräumt hat.
Die Tageszeitung Ultima Hora zitiert aus den Ermittlungsakten
und berichtet unter anderem von mehreren Zahlungen an eine Firma,
deren Teilhaber der Beschuldigte ist. Vidal soll auch mehrfach Geld
direkt auf sein Privatkonto überwiesen und sein Gehalt so
eigenmächtig um mehrere 10.000 Euro aufgestockt haben. Mehrere
100.000 Euro landeten auf fragwürdige Art und Weise auf Konten von
Freunden und Bekannten des Mannes, der im Hauptberuf Professor für
Informatik an der Balearen-Universität ist. So soll er viel Geld
für eine Auftragsstudie bezahlt haben, die schon Jahre zuvor
veröffentlicht worden war.
Außerdem verfügte Vidal über eine dienstliche Kreditkarte, die
er offenbar auch für private Zwecke nutzte. So ergab die
Überprüfung der Abrechnung, dass er sich vor allem an der
französischen Mittelmeerküste gerne aufhielt und dort auch viel
Geld ausgab. In Hotels und Restaurants, aber auch bei
Shopping-Touren in Blumen-, Kleider- und Möbelgeschäften bezahlte
Vidal mit der Dienst-Visa - eine Parallele zum Fall des ehemaligen
Stadtrats von Palma, Javier Rodrigo de Santos, der erst kürzlich
einräumen musste, mit seiner dienstlichen Kreditkarte rund 50.000
Euro bezahlt zu haben, die er zuvor in einem Schwulen-Puff
ausgegeben hatte.
Beide freigiebigen Kreditkarten-Nutzer berufen sich nun zu ihrer
Verteidigung auf vermeintliche Krankheiten und hoffen so auf
mildernde Umstände. Während Rodrigo de Santos vor Gericht aussagte,
er fühle sich "schwer krank" wegen seiner Kokain-Abhängigkeit,
führt Damià Vidal nun an, er leide an einer krankhaften
Unfähigkeit, Nein zu sagen.
Während diese Fälle der Veruntreuung auf Mallorca für viel
Wirbel sorgen, entwickelt sich ein anderer Fall allmählich zum
Großskandal - ist aber sehr viel komplizierter gelagert und darum
noch viel weniger offenkundig. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt
erstmalig ihre Überzeugung geäußert, dass es bei der Neufassung des
Flächennutzungsplans 2004 offenbar zur Weitergabe von Insiderwissen
kam. Durch die Änderung der Planungen sind rund 160 Hektar Fläche
zu Bauland geworden.
An den Verhandlungen beteiligte Politiker sollen Kenntnisse über
die betroffenen Gebiete an Bauunternehmer weitergegeben haben, die
diese Informationen wiederum dazu nutzten, Teile der vor der
Umwidmung stehenden Flächen aufzukaufen. Fast 300 Millionen Euro an
Spekulationsgewinnen sollen sie so eingestrichen haben. Unter
schwerem Beschuss steht vor allem der Inselrat, den 2004 die
konservative PP und regionalistische UM dominierten.
Vor allem für die Volkspartei wird die Lage nach Bekanntwerden
der neuen Skandale immer ungemütlicher. Zweifel an der Amtsführung
des im Mai 2007 abgewählten Ministerpräsidenten Jaume Matas treten
immer unverhohlener zutage. Der Sprecher der sozialistischen
Fraktion im Balearen-Parlament, Antoni Diéguez, sagte: "Jaume Matas
hat schon gewusst, warum er nach der Wahl Hals über Kopf in die USA
übergesiedelt ist." Der Ex-Ministerpräsident arbeitet in Washington
als Berater eines mallorquinischen Unternehmens.
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