Sie wollen den Terror so zeigen, wie er sich anfühlt. Die
katalanische Theatergruppe „La Fura dels Baus“ will schockieren,
ist auf den immer wieder verliehenen Titel „Paniktheater“ stolz.
Vom 28. bis 30 März gastiert die Truppe in Palma. Ihr neues Stück
heißt „Boris Godunow“. Die Uraufführung fand in einem kleinen Nest
in der Nähe von Murcia statt; während der Proben in Barcelona
riefen Passanten beunruhigt die Polizei.
Worum es geht? Um Terrorismus im Allgemeinen, gezeigt, fast
nachgestellt, anhand von Ereignissen im Moskauer Dubrowka Theater
im Oktober 2002. Dort nahmen während der Vorstellung des Musicals
„Nord-Ost“ Terroristen rund 800 Theaterbesucher als Geiseln.
Ihre Forderung: Beendigung des Tschetschenien-Krieges und der
sofortige Rückzug der russischen Truppen. Drei Tage lang währte das
Drama; dann schlugen russische Spezialeinheiten die Geiselnahme
nieder. Mit großen Verlusten. Außer den 47 Terroristen starben auch
130 Zuschauer. Inoffiziell musste man davon ausgehen, dass die
Polizei Betäubungsgas eingesetzt hatte, das vermutlich viel zu hoch
dosiert war.
Der Regisseur des Spektakels, Alex Ollé, will die Zuschauer
spüren lassen, was Terrorismus bedeutet, wie es ist, zum Tod
entschlossenen, verzweifelten Menschen ausgeliefert zu sein. Ollé
hat als Handlungsrahmen das Drama von Alexander Puschkin „Boris
Godunow“ ausgewählt. Nicht ohne Grund, denn das Stück handelt von
Korruption und Machtkämpfen im russischen Zarenreich.
Ollé zeigt die heutige Korruption, die mit Menschen aus Gründen
des Machterhalts spielt, er zeigt die Manipulation durch die
Medien, Verhandlungen zwischen Politikern und Geiselnehmern, die
die echten Geiseln damals nicht mitbekamen, die aber jetzt im
Theater per Video eingespielt werden. Bei Ollé beginnt das Stück
mit dem Sturm auf das Theater und damit mit dem Ende der
Geiselnahme. Es ist ein packendes, spannungsreiches und sehr
provozierendes Theaterereignis.
Die Aufführung von „Boris Godunow“ war in Spanien bislang nicht
unumstritten. Nach den Madrider Attentaten vom 11. März 2004, bei
denen fast 200 Menschen ums Leben kamen, ist die Kritik an
derartigen Inszenierungen groß. Und nach dem Mord an dem ehemaligen
Gemeinderat im Baskenland, Isaías Carrasco am Freitag vor der
spanischen Parlamentswahl durch einen ETA-Terroristen werden die
Diskussionen mit Sicherheit wieder aufleben.
„La Fura dels Baus“ wurde 1979 gegründet. Die Gruppe integriert
Musik, Bewegung und neue Technologie in ihre Stücke. Großes
Aufsehen erregte „La Fura dels Baus“ mit der Gestaltung der
Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele, die im Jahr 1992 in
Barcelona stattfanden.
„Boris Godunow“, La Fura dels Baus im Auditorium von Palma, 28.
und 29. März um 22 Uhr, 30. März um 18 Uhr. Kartenverkauf (35 Euro)
im Auditorium täglich außer Sonntag von 10 bis 14 und von 16 bis 21
Uhr. Oder unter www.servicaixa.com
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