Während der aktuelle Regierungsbericht in
Deutschland nicht gerade ein ermutigendes Licht auf die Situation
von Migrantenkindern wirft – jedes fünfte Kind aus
Einwandererfamilien verlässt die Schule ohne Abschluss –, finden
die Sprösslinge deutscher Residenten auf Mallorca in der Regel
Bedingungen vor, die sie zu den gesellschaftlichen Gewinnern der
Zukunft machen können. Kinder– und Jugendpsychotherapeutin Ul rike
Hessler von der PalmUclinic, die seit fünf Jahren mit ihrer Familie
auf der Insel lebt, kommt sogar auch privat zu diesem Schluss: „Ich
bin glücklich, meinen Kindern all diese Vorteile geben zu können.”
Bilingualität (wenn nicht gar noch mehr Sprachen), kognitive
Fähigkeiten, soziale Kompetenzen: Deutsche Kinder wachsen hier in
einem facettenreichen Lernumfeld auf – das Kompetenzen vermittelt,
die immer mehr gefragt sind. Auch die heute erwachsenen Kinder von
Rechtsanwalt Hans Rotenhan sind auf Mallorca aufgewachsen. Sohn
David (26) studiert jetzt in London, „will aber auf jeden Fall
zurückkommen”, Tochter Stephanie (27) ist „nach Paris, Rom, Berlin
und London” ebenfalls wieder hier gelandet und erfolgreich im
Tourismussektor tätig, berichtet der Vater und fügt lächelnd hinzu:
„Residentenkinder sind wohl fast so wie Konvertiten – ganz
besonders überzeugt.”
Eine Einschätzung, die von den Kindern und Jugendlichen in der
MM-Umfrage bestätigt wird. Sind sie schon mehrere Jahre hier,
fühlen sie sich eindeutig „eher als Spanier”. Zwar wird die zweite
Muttersprache Deutsch ganz klar schon in jungen Jahren als Vorteil
erkannt – was die berufliche Zukunft allgemein, aber auch eine
Karriere speziell auf Mallorca angeht. In einem Punkt herrscht
große Einigkeit: „Ich bleibe hier!”
Um zu dieser Überzeugung zu gelangen, ist eine frühe, gelungene
Integration in die mallorquinische Gesellschaft unverzichtbar.
Nicht nur Hans von Rotenhan fand es selbstverständlich, seine
Kinder auf eine spanische Schule zu schicken: „Sonst hätten sie
lange nicht kapiert, was Spanien ist.” Eine Auffassung, die er mit
Expertin Hessler teilt – wobei es allerdings immer auf das Alter
der Kinder ankomme. In der Pubertät etwa könne ein nahtloser
Übergang auf eine spanische Schule fatale Folgen haben:
Überforderung, so die Therapeutin, führe nicht selten zu
psychischen Auffälligkeiten bis hin zu übermäßigen Wutanfällen oder
Essstörungen. Überhaupt gibt es keine allgemein gültigen Aussagen,
was die optimalen Integrationswege für Kinder angeht. Die
klassische deutsche Familie auf Mallorca gibt es nicht: Jede
Konstellation ist anders und erfordert individuelle Lösungen.
Albert (7) etwa, Vater deutsch, Mutter Mallorquinerin, „wird im
Herzen immer ein Spanier sein”, sagt Thomas Krämer, leitender
Angestellter in Palma: „Obwohl er auch einen deutschen Pass hat.”
Das mag unter anderem daran liegen, dass Albert Spanisch deutlich
besser beherrscht als Deutsch. Nach einem langen Arbeitstag, sagt
sein Vater, seien die gemeinsamen Familienabende ohnehin schon
kurz: „Meine Frau spricht kein Deutsch, da hätten wir einfach zu
viel wertvolle Zeit verloren.” Ein Dilemma, wie Thomas Krämer
findet, weshalb er sich auf der Insel „mehr internationale Schulen
mit mallorquinischem Touch” wünsche, wo „Mallorquiner ihre Kinder
hinschicken können”. Mallorquín, „die Sprache derer, die an den
Schalthebeln der Macht sitzen”, sei nun mal unabdingbar, wenn man
sich hier langfristig heimisch fühlen wolle. Aber, so Thomas
Krämer: „Dieser Impuls muss von der mallorquinischen Gesellschaft
ausgehen.”
Derweil hat Gabriele Fritsch, Leiterin der „Deutschen Schule
Eurocampus” festgestellt, dass immer mehr mallorquinische Familien
Interesse zeigen, ihre Kinder auf deutsche Schulen zu schicken:
„Für sie ist Deutsch wichtiger als Englisch. Sie glauben, dass ihre
Kinder auf der Insel mit Deutsch einfach die besseren Chancen
haben.”
Ein interessanter Kontrast zu dieser Einschätzung der Insulaner,
Deutsch sei auch künftig die Sprache der Zukunft in ihrer Heimat,
steht eine aktuelle Umfrage des Expatriate-Portals „Just Landed”
unter 1200 deutschsprachigen Auswanderern: Danach empfinden 68
Prozent den Neustart schwieriger als erwartet, 71 Prozent möchten
sogar irgendwann wieder nach Deutschland. Ihre Nachkommen,
zumindest hier auf Mallorca, scheinen das anders zu sehen: Von den
Kindern und Jugendlichen, die MM befragte, will keiner
zurück. Die einhellige Meinung: „Hier ist mein Zuhause.”
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