Der Islam als unheimlicher Fremder: so erleben viele Menschen
die nicht mehr aus den Schlagzeilen kommende Weltreligion. Die
Terroranschläge fanatischer Islamisten und der Stereotyp des
düsteren, bärtigen Moslems prägen für viele das Bild der Anhänger
Allahs. Auf Mallorca leben Muslime und ihre Mitmenschen aber meist
reibungslos nebeneinander.
Rund 30.000 Moslems gibt es derzeit auf den balearischen Inseln.
Der Großteil von ihnen, etwa 18.000, lebt in Palma – so die grobe
Schätzung von Lounis Meziani, Präsident der Interessenvertretung
der Muslime auf den Balearen („Federación Islámica de las Islas
Baleares”).
Wie man sich den Alltag eines Moslems vorstellen könne? Meziani
lacht: „Wir sind doch auch nur ganz normale Menschen, die jeden Tag
zur Arbeit gehen wie jeder andere auch.” Der einzige Unterschied im
Tagesablauf sei das fünfmalige Gebet, erklärt der gebürtige
Algerier.
Konflikte zwischen dem islamischen Recht, der Scharia, und den
spanischen Gesetzen gebe es nicht, versichert Meziani. Für gläubige
Moslems ist der Koran die wichtigste Quelle der Scharia und damit
der Regeln des täglichen Lebens – vor den staatlichen Gesetzen.
Denn die 114 Suren der heiligen Schrift des Islam beschränken
sich nicht nur auf religiöse Verhaltensregeln, sondern erstrecken
sich auf alle Bereiche des menschlichen Lebens. Zu Zusammenstößen
mit dem deutschen Recht kam es etwa bei der Frage des Schächtens
von Schlachttieren: Der Koran sieht das Ausbluten ohne Betäubung
vor, das deutsche Tierschutzgesetz verbietet eben dies.
16 muslimische Gemeinden sind in der Federación
Islámica organisiert. Die tatsächliche Anzahl der Moscheen auf den
Balearen dürfte diese Zahl aber übersteigen. In Palma sind es
schätzungsweise drei Gebetshäuser. Viele dieser „Moscheen” sind
aber nichts weiter als schlichte Gebetsräume. Ein Zustand, mit dem
Meziani unzufrieden ist. „Uns fehlt immer noch eine angemessene
Moschee”, so der Kopf der balearischen Muslime. Regelmäßig zum
Freitagsgebet, dem wichtigsten Gebet der Woche im Islam, würden die
vorhandenen Räume aus allen Nähten platzen, erzählt er. „Viele
müssen draußen auf der Straße beten”, weiß auch Juan Peralta von
der Moschee Abderrahman zu berichten.
Deshalb bemühen sich die Muslime seit Jahren um einen geeigneten
Bauplatz und die Zustimmung der Verwaltung. Konkrete Formen hat das
Projekt bislang nicht angenommen.
Das Verhältnis zu Regierung und Verwaltung sei aber immer sehr
herzlich gewesen, betont Meziani. Auch von Seiten der Bevölkerung
Palmas spüre er keine negativen Vorurteile oder Argwohn. Anders
erlebt das Samira Aslaoui. Erst seit einem Jahr trägt die
Algerierin Kopftuch. Und seitdem spüre sie die Blicke der Menschen.
„Oft behandelt man mich, als wäre ich dumm. Als würde das Kopftuch
nicht meine Haare bedecken, sondern mein Gehirn”, erzählt die
39-Jährige, die mit einem zum Islam konvertierten Deutschen
verheiratet ist. (siehe S.23)
Sei Kurzem will die Guardia Civil verstärkt die Moscheen des Landes
überwachen. Meziani reagiert darauf gelassen. Nicht gegen, sondern
für Überwachung seien er und seine Glaubensbrüder, versichert er
mit Nachdruck. Schließlich habe man nichts zu verbergen.
Ein eigener Friedhof ist ein weiteres Anliegen der Muslime der
Insel. Seit elf Jahren fordern sie ein Gelände, auf dem sie ihre
Toten den Vorschriften des Koran entsprechend beerdigen können.
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