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SYLT/MALLORCA: Traumhafte Strände, idyllische Landschaften, atemberaubende Sonnenuntergänge... Sorry, die Rede ist nicht von Mallorca, sondern von Sylt, Deutschlands größter Nordseeinsel.

Sylt ist mehr als das sandige Eiland der Reichen und Schönen. Die Insel ist – dies konnte MM anlässlich der TUI-Winterprogramm-Präsentation am vergangenen Wochenende auf Sylt verifizieren – das Mallorca des Nordens: Beide Inseln sind von ihrem Nimbus her unverwechselbar.

Beide leben vom Tourismus und Tausenden Zweithaus-Residenten; beide Inseln stehen vor denselben Herausforderungen in Sachen Umwelt und Küstenschutz, Bebauung und Immobilien, Verkehr und Wirtschaft.

Sowohl auf Sylt als auch auf Mallorca dreht sich alles um die Frage, wie viele Besucher dürfen, können, müssen sein, um zukunftsfähig zu bleiben?

Und wie soll dieser Tourismus gelenkt und gestaltet werden? Seit der Modernisierung des Sylter Flughafens im Jahre 2005 hat der Besucherverkehr stark zugenommen. 2006 verdoppelten sich die Passagierzahlen auf 114.000. Anders als früher drängt es verstärkt Reisende aus deutschen Metropolen für Wochenend- und Kurztrips nach Sylt. Die Saison (früher Juni-Juli-August) zieht sich nunmehr von April bis Oktober. Was auf Mallorca „desestacionalización” genannt wird, also die Entzerrung der saisonalen Abhängigkeit, ist auch auf Sylt das Thema. Im Norden und Süden der Insel entstehen derzeit für viele Millionen Euro neue Hotels und Anlagen samt Wellness und Golf-Angeboten. Nicht allen Syltern ist das recht. Sie wollen keine weitere Bebauung.

Bei Anreise per Zug herrscht auf dem Bahnsteig in Westerland ein Gedränge wie am Airport Palma. Menschen ziehen Rollkoffer, blonde Friesinnen in sommerlicher Bekleidung zeigen viel Haut, junge Burschen tragen lässig ihre Surfboards unterm Arm durch die Menge. Vor dem Bahnhof rangelt sich alles um Busse und Taxis, Dieselschwaden wehen in der salzigen Seeluft.

In einer Kolumne der „Sylter Rundschau” wird der Hamburger Journalist Uwe Bahn zitiert. Seine humorige Zukunftsprognose - „Sylt 2020 - in der Hand von Mallorquinern” - verkündet, die Insel-Spanier werden sich „für all das rächen, was ihnen die deutschen Kegelclubs angetan haben”. Bahn irrt: Mallorquinern ist Sylt zu kalt.

Allerdings zeigt Mallorca auf Sylt gewaltig Flagge. Gleich zwei rot-gelbe „Senyeras” flattern im Wind. Unter dem Hoheitszeichen hält der „Mallorca Store” in der Boysenstraße „Wein, Feinkost, Accessoires” feil: Ànima-Negra-Flaschen aus Felanitx röten das Schaufenster. Gegenüber befindet sich das Bistro Gosch, eine Sylter Instanz, wo Austern und Schampus kredenzt werden.

Jürgen Gosch ist eine Art Sylter Horst Abel (Mallorcas „Wurstkönig”). Gosch, so erzählen die Insulaner ehrfurchtsvoll, verkaufte einst am Autozug zum Festland Aal. Aus diesen Anfängen schuf er mit Meeresgetier ein Gastro-Imperium, das ihn zum deutschen „Fischkönig” machte. In seinem Heimatdorf List boomt der Ausflugstourismus, branden Menschen um Fischbrötchen und Souvenirs.

„Sylt meets Mallorca” heißt es auch in den Dünen bei Hörnum: In der als Piratennest gestylten Strandbar Sansibar präsentiert derzeit Mercedes wie schon auf Mallorca schicke Flitzer. Das legendäre Lokal, das auch Weine und Bekleidung vertreibt, ist Kult bei Promis und Hilfspromis. Jahresumsatz: geschätzte 20 Millionen Euro.

Sylt und Mallorca haben „Glamour-Faktor”, sagt Klaus Hildebrandt, Chefredakteur der Tourismus-Fachzeitschrift „fvw”. „Und Glamour ist wichtig, um die Massen zu locken.” Nach seinen Worten leben beide Inseln vor allem von den Familienurlaubern. „Aber beide müssen aufpassen, die Preise nicht zu hoch zu schrauben.”

Taxifahrer Jan begrüßt die neuen Hotelprojekte. „Das ist gut für die Insel. Das bringt Leute, die sonst nicht kommen.” Ein reetgedecktes Haus mit Blick aufs Meer besitzt der gebürtiger Sylter nicht. „Das kann ich mir nicht leisten. Die Immobilienpreise sind hier so was von angezogen; verrückt ist das!” Wie auf Mallorca ist auch auf Sylt freies Bauland Mangelware. „Da hilft nur kaufen”, rät Sylt-Fremdenführer Hermann Bauer.

Die traditionsreichen Friesenhäuser in Keitum kosten drei bis vier Millionen Euro, in der Norderheide bei Schickimicki-In-Ort Kampen gar drei bis zehn Millionen Euro. Friesisch-trocken fügt Bauer hinzu: „Ich vermittle gerne. Meine Provision beträgt 90 Prozent."