TENERIFFA/MALLORCA: Die Tragödie hat Ende vergangener Woche
weltweit für Bestürzung gesorgt: Vor der Küste der Kanareninsel
Teneriffa ertranken rund 90 Afrikaner, die per Boot illegal nach
Spanien einreisen wollten. Bei dem Flüchtlingsdrama gab es 48
Überlebende.
Lange Zeit hatte man auf Mallorca und den übrigen
Balearen-Inseln gedacht, das Problem der illegalen Einwanderung aus
Afrika sei weit weg. Diese Zeit ist jedoch vorbei. In den
vergangenen Tagen schafften es gleich zwei Flüchtlingsboote in die
Balearen-Gewässer.
Am Donnerstag registrierte man das erste Boot an der Küste von
Llucmajor. Mit diesem Kahn sind offenbar 14 Flüchtlinge aus
Algerien nach Mallorca gekommen, die noch am selben Tag in
Llucmajor und Palma festgenommen wurden. Die Männer zwischen 22 und
33 Jahre stammen aus Algerien, Marokko, Irak, Tunesien und Libyen.
Entdeckt worden war die Ankunft der Flüchtlinge, die sich in
mehrere Gruppen aufteilten, als einer von ihnen an einer Finca in
Cala Pí um Geld für ein Taxi bat. Dem Bewohner kamen die Männer
vedächtig vor, er verständigte die Polizei.
Am Freitag wurde dann ein Boot, wie das von Mallorca acht Meter
lang, vor der Küste von Menorca entdeckt. Es war verlassen, doch
die Polizei konnte die Flüchtlinge später in Gewahrsam nehmen. Die
zehn Afrikaner wurden wie auch die auf Mallorca festgesetzten
Immigranten auf das spanische Festland gebracht und sollen von
dort, sofern möglich, in ihre Heimatländer abgeschoben werden.
Bei den beiden Booten handelte es sich um Nummer sieben und
acht, die im Rahmen der aktuellen Flüchtlingswelle zu den Balearen
gekommen sind. Begonnen hatte es im September 2006 mit einem Kahn,
der Menorca erreichte. Zurzeit ist die etwa 300 Kilometer lange
Strecke von Algerien zu den Balearen offenbar recht leicht zu
bewältigen, weil gutes Wetter herrscht und das Meer ruhig ist.
Die Reise kann in einem oder anderthalb Tagen absolviert werden
und ist für die Flüchtlinge praktisch ohne Risiko, wie Ramón
Socías, Delegierter der spanischen Zentralregierung in Palma, im
Rahmen einer Pressekonferenz erläuterte. Er betonte zwar, dass es
sich bei den Organisatoren nicht um eine Menschenschmugglermafia
handele, konnte aber nicht ausschließen, dass gerade eine neue
Flüchtlingsroute etabliert wird. Das hätte zur Folge, dass das
Thema hierzulande bald so auf den Nägeln brennen könnte wie auf den
Kanaren.
Das eingangs erwähnte Flüchtlingsdrama war das bisher
schlimmste, das sich vor den Kanaren abgespielt hat. Die
Überlebenden berichteten, an Bord des in der Nacht zum Donnerstag
bei schwerer See gekenterten Bootes seien rund 135 Menschen
gewesen, darunter auch Frauen und Kinder. Die Suche nach den
Vermissten wurde am Samstag eingestellt. Es gebe keine Hoffnung
mehr, noch Überlebende zu finden, teilte der Seenotrettungsdienst
mit. Nur drei Leichen konnten geborgen werden. Nach Aussage der
Geretteten stammen die Flüchtlinge überwiegend aus Liberia, Ghana
und Gambia. Sie seien in Guinea Bissau ausgelaufen und rund zehn
Tage unterwegs gewesen. Das Boot war rund 170 Kilometer vor
Teneriffa gekentert, als ein Rettungskreuzer die in Seenot
geratenen Afrikaner an Bord nehmen wollte. Alle Insassen waren ins
Meer gestürzt, nur 48 von ihnen konnten geborgen werden. Viele der
Flüchtlinge konnten offenbar nicht schwimmen, außerdem sind die
Afrikaner bei den langen Überfahrten in ihren überfüllten Booten
tagelang zusammengepfercht und ihre Gliedmaßen so steif, dass sie
sich kaum bewegen können. Angesichts der dramatischen Szenen stehen
einige Retter unter Schock.
Der Flüchtlingszustrom hielt derweil auch andernorts weiter an.
Am Samstag griff die Polizei 70 Nordafrikaner auf, die mit einem
Bott nahe Cádiz in Südspanien an die Küste gelangt waren.
(red/dpa)
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