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Dicht an dicht drängen sich die jungen Menschen an den Tresen neben dem leuchtend türkis angestrahlten Pool mit sprühender Fontäne. Wie Motten vom Licht werden sie von der Bar angezogen. „Mensch, ich werd verrückt! Da steht ja der Dieter!”, flüstert ein junges Mädchen mit plötzlich flach gewordenem Atem und zieht ihre Freundin hektisch noch näher an die Tränke.

Die beiden scheinen nicht oft hier zu sein. Denn die, die in Cala Rajada Urlaub machen oder hier oft ausgehen, sind es gewöhnt, ihren Drink neben Dieter Bohlen und seiner Freundin Karina in deren Lieblings-Location Coco's Pool Bar zu schlürfen. Relaxed im weißen Kapuzenpulli steht er gegen ein Uhr morgens inmitten der jungen Leute, schlendert durch die bevölkerten Straßen. „Finde ich klasse, wie der hier Urlaub macht, wie andere auch”, meint der 19-jährige Alex aus Hamburg. Ein paar Mädchen folgen dem Promi-Pärchen verstohlen auf der anderen Straßenseite des Boulevards, giggeln. „Hey, Diddi – alles fit im Schritt?” grölen ihm zwei Jungs kumpelhaft nach.

In dieser Nacht ist es besonders voll – die Gemeinde feiert Nuestra Señora del Carmen, Schutzherrin der Fischer. Vier Tage lang ist ganz Cala Rajada auf den Beinen, kleine Konzertbühnen auf den Molen ziehen die Jugendlichen an, bunte Schießbudenstände die Kleineren.

Cala Rajada, Königin der Nacht an der Ostküste. Hier konzentriert sich alles auf die romantisch geschwungene Hafenpromenade und die angrenzenden Straßen. In zweiter Linie die lauteren Lokale und Diskotheken, direkt am Meer lauschige Cafés, Designer-Bars. Abseits vom Trubel wiegt sich ein älteres spanisches Paar wie frisch verliebt zur Musik im Meereswind.

Auf den Terrassen begnügt man sich mit Kerzenlicht, im „Noah's” wird angeregt geplauscht. „Hier startet für mich eine gute Nacht, man sitzt nett, kann eine leckere Kleinigkeit essen und der DJ legt gute House-Musik auf”, sagt Sandra Lausecker, Küstenchefin von Thomas Cook. Im „Sinai” wird wild geknutscht: Für sieben Euro kann man hier Shisha rauchen, Wasserpfeife. In eine Chill-Out-Ecke gelümmelt, gibt sich eine Gruppe junger Spanier dem Flaschendrehen der Neuzeit hin: Ein Zug an der Pfeife – ein Kuss.

Eine Straße weiter stehen sich Dietmar und seine acht Freunde aus Duisburg die Beine in den Bauch: Wer ins „Physical” will, muss lange anstehen. Oder abwarten, bis die Schlange vor dem grell violett gestrichenen Tanzschuppen, aus dem House-Beats dringen, kürzer wird – bei einem Drink im neonbeleuchteten „Cocona” oder auf der schicken Terrasse des „Angels” unter weißen Sonnenschirmchen und appetitanregend erotischen Schwarzweiß-Bildern auf Großleinwand. Oder: Man lässt sich vom gerne zwinkernden Türsteher durch die Schwingtür des „Bolero” lotsen – in eine zu „Sexual healing” tobende Masse im fast stockdunklen Raum. Hier ist die Luft so heiß wie die Hüftschwünge manch leicht bekleideter Urlauberinnen, die den Anschein erwecken, sie ließen in dieser Nacht nicht nur die Hüllen fallen, sondern auch die Hemmungen.

„Spaß und Sangria” – das Motto von Thomas und seinen vier holländischen Freunden, die aus Cala Millor hergefahren sind: „Cala Rajada ist nah, hier ist immer was los und es gibt kaum Polizeikontrollen.” In die sollten sie auch besser nicht geraten: Barmann José Luis setzt ihnen zwei bis an den Rand gefüllte Tonkrüge mit Riesenstrohhalmen vor.

„Mir hat Cala Rajada früher besser gefallen, heute legen die Leute zu sehr Wert darauf, dass alles billig ist”, meint er. Seit 13 Jahren arbeitet er im „Chocolate”, einem von Cala Rajadas Biergärten, Hotspot für einsame Herzen. Gegen fünf wird es ruhiger in den Straßen – die einen sind mit der Eroberung ins Hotel verschwunden, andere tanzen ihrer großen Stunde erst noch entgegen. Frischverliebte zieht es in die nahe Cala Mesquida. Fantastischer Ausklang einer durchtanzten Nacht: Eng aneinander geschmiegt, die müden Füße im Sand und einen spektakulären Sonnenaufgang vor Augen.