Mallorca - „Claudia war immer 'ne Show. Wenn sie hier getanzt
hat, mussten wir die Leute zurechtweisen, denn jeder wollte
natürlich in ihrer Nähe sein”, erzählt Gines Hernando und muss
schmunzeln. „Sie kam auch mal mit David Copperfield. Leider hat er
nicht gezaubert – das hätte mir natürlich besonders gefallen.”
Gines Hernando ist der Vater jeder durchtanzten Nacht im
Hafenstädtchen Port d' Andratx. Bei ihm rocken sie alle ab: In
seiner kleinen Diskothek Barracuda, die sich neben Maklerbüros,
Boutiquen und Cafés einreiht, geht die Party weiter, wenn die
anderen Clubs schließen.
Die Schönen und Reichen, die Prominenten wie die Unbekannten,
die Jungen wie die Alten, die Engländer, die Spanier, die
Deutschen: Das Barracuda ist ein nächtlicher Schmelztiegel.
Heimelig wirkt der dunkle Raum, kleine Sofaecken laden zum
Fläzen ein, wenn man vom Tanzen müde geworden ist. Die Abende im
Barracuda sind themenorientiert; mittwochs ist Club 21, donnerstags
Disco-Fever mit Liedern der 70er und 80er Jahre, freitags sind
Special Events wie Flowerpower-Party oder brasilianische Nacht,
samstags läuft viel House. Ab 10. Juni, wenn das Städtchen voller
tanzwütiger Urlauber ist, bis Mitte September, öffnet Hernando
sogar jede Nacht ab 23 Uhr die Türen.
1991 hat der 53-Jährige die Diskothek übernommen – damals
gab es noch zwei weitere Clubs – heute ist das Barracuda der letzte
Mohikaner des Andratxer Nachtlebens. „Und ich bin ein Dinosaurier
in diesem Business”, meint Hernando nachdenklich. Mit 20 Jahren hat
er das Nachtleben für sich entdeckt, arbeitete in der Diskothek „Le
Privée” in Mini Folies. „Heute stehen da, wo die Diskothek war,
Apartmentblocks – daran sieht man, wie Port d'Andratx tickt.”
Der Mann in seiner marineblauen Strickjacke und dem ernsten
Ausdruck im Gesicht hat nichts von einem Diskothekenbesitzer, wie
man ihn sich vorstellen würde. „Für mich ist es eine Arbeit wie
jede andere auch. Das Wichtigste ist, sich immer von Drogen zu
distanzieren. Man muss auf sich achten. Die Nacht, das hält nicht
jeder aus”, sagt er.
Hernando ist Perfektionist. Einer, der jede Nacht selbst vor Ort
ist, um mit Adleraugen nach dem Rechten zu sehen: „Ich bin es, der
um sechs Uhr schließt – niemand anders.” Von vielen Gästen weiß er,
was sie am liebsten trinken, viele bestellen gleich flaschenweise
Wodka und Champagner. Oder er weiß, welchen Musikgeschmack sie
haben – ab und an gibt er dem DJ dann den entsprechenden Wink. Für
Claudia Schiffer ließ er ihren Lieblingssong von Peter Gabriel
auflegen, „nur bei Dieter Bohlen lagen wir mal daneben. Wir haben
Modern Talking angespielt, als kleinen Gag, um ihm Aufmerksamkeit
zu zollen. Leider ging der Schuss nach hinten los – er war nicht so
begeistert. Ob er seine Stimme selbst nicht mag?”, erinnert er
sich.
Wer Prominenten beim Hüftschwung zuschauen will, sitzt auf einem
Barracuda-Sofa in der ersten Reihe. Die Heroes de Silencio haben
hier schon die Nacht zum Tag gemacht, oder Ana Torroja, eine
spanische Legende – Sängerin der Band Mecano, die in den 80er
Jahren Furore machten.
Gründonnerstag etwa drehte Estefania mit Pino Persico
ausgelassen auf seiner Tanzfläche ihre Runden, schon Silvester
hatten sie hier auf das neue Jahr angestoßen. Hier fühlen sich die
Stars und Sternchen weitgehend unbeobachtet: Oft weiß Hernando
selbst nicht, welchen deutschen Prominenten er gerade wieder als
Gast hat, weil er ihn als Spanier einfach nicht kennt. „Dann
erklären mir die Gäste, dass da wieder der und der aus dem
deutschen Fernsehen auf der Coach sitzt”, erzählt er gelassen. „Wer
weiß”, ergänzt er mit einem Lachen, „vielleicht sollte ich es wegen
der Kontakte einfach auch mal so machen wie alle anderen – und das
Golfspielen anfangen?”
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