Abriss oder Aufschub, Vollstreckung oder Aussitzen? Auch knapp
zwei Jahre nach dem aufsehenerregenden Urteil des obersten
balearischen Gerichtshofes, demzufolge vier Villen in Llucalcari
(Deià) abgerissen werden sollen, ist die Abrissbirne noch nicht in
Sicht. Die Baugenehmigungen seien illegal erteilt worden, hieß es
in der Urteilsbegründung vom April 2005, im Februar 2006
verabschiedete die Gemeinde Deià einen Maßnahmenkatalog zum
Abriss.
Die Hausbesitzer sind ratlos – und sitzen auf einem Pulverfass.
„Ich fühle mich wie ein Verurteilter in der Todeszelle, der aber
weder freigesprochen noch hingerichtet wird”, sagt einer der
Hausbesitzer, Fritz Seikowsky. „Die lassen uns hier einfach
zappeln, nicht einmal ein faires Enteignungangebot ist in Sicht.”
Im Sommer 2006 habe er aufgrund eines offiziellen Tinsa-Gutachtens
bei der Gemeinde einen Schadensersatzanspruch von sechs Millionen
Euro angemeldet, bisher ohne Reaktion.
„Dies ist ein unglaublicher Fall von Ungleichbehandlung,
schließlich gibt es Dokumentationen über Hunderte von Häusern
allein im Tramuntanagebirge, die unter den gleichen Bedingungen
erbaut wurden wie unsere Häuser hier”, empört sich Seikowsky.
Ausgerechnet in Llucalcari solle nun ein Exempel statuiert werden,
ausgelöst durch eine Klage des Naturschutzbundes GOB vor 17
Jahren.
Zu Recht wurde damals beklagt, dass illegale Baugenehmigungen
für geschützte Terrassenlandschaften erteilt worden waren. Doch für
Fritz Seikowsky war dies nicht erkenntlich, da alle erforderlichen
Genehmigungen scheinbar korrekt erteilt worden waren. „Ich habe
keine Lust, mich zum Showcase politischer Auseinandersetzungen
zwischen den Parteien in Deià und Palma machen zu lassen”, erklärt
Seikowsky aufgebracht. „Wir Hausbesitzer sind nur Betroffene, nicht
Beteiligte in diesem Krieg zwischen Umweltverband und
Parteien.”
Die Gemeinde habe zwar Verständnis für seine Situation gezeigt,
doch seien ihr angeblich in diesem Falle die Hände gebunden. „Das
Urteil hat im Grunde mein Vermögen hier auf der Insel eingefroren,
aber ich werde alle Mittel und Wege ausschöpfen, um eine
rechtsstaatlich korrekte Abwicklung zu erwirken.”
Unterdessen sind sich die Gemeinde Deià, der Inselrat und die
Balearen-Regierung in Palma offensichtlich weiterhin darüber im
Unklaren, wer verantwortlich ist für die Ausführung des
Abriss-Beschlusses und somit auch für die Kosten und für die
Schadensersatzansprüche aufkommen muss. Klar sei nur, dass die
Gemeinde nicht alleine handeln könne.
Natürlich müsse das Urteil vollstreckt werden, versichert Deiàs
Bürgermeister Jaume Crespí, doch nun müssten erst die Wahlen im Mai
abgewartet werden, um zu sehen, wer dann in Palma Ansprechpartner
sei.
Die jetzige Regierung habe allerdings auch eine Bereitschaft zu
Gesprächen signalisiert, um die Sache voranzutreiben. In den
kommenden Wochen werde eine Sitzung im Ministerium für Erziehung
und Kultur stattfinden, der Stelle, die Ende der 80er Jahre die
Erteilung der Baugenehmigungen autorisierte. Crespí hofft nun auf
eine finanzielle Unterstützung von dieser Seite, die Gemeinde Deià
sei eindeutig nicht in der Lage, den Abriss zu finanzieren.
Zwar könnte laut Experten der Abriss der Häuser ökologisch
weitaus bedenklicher sein als deren Erhalt, dennoch haben die
Umweltschützer von GOB nun zum wiederholten Mal das oberste Gericht
in Palma aufgefordert, für eine Umsetzung seines Urteilsspruchs zu
sorgen.
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