Anders als die Bundesrepublik Deutschland hängt Mallorca nicht
am Tropf einer Erdöl-Pipeline, die von heute auf morgen einfach
abgedreht werden kann. Denn jeglicher flüssige Brennstoff, der auf
der Insel benötigt wird, kommt per Schiff. Kann das eine nicht
fahren, wird sich schon ein anderes finden lassen, könnte man
denken. Weit gefehlt: Auch ohne Pipeline ist die Insel nicht aus
dem Schneider. Im Gegenteil, sie ist – wenn man so will –
verwundbarer als andere Regionen.
Denn auf dem ganzen Eiland gibt es nach Angaben der balearischen
Hafenbehörde nur an einem Punkt eine Vorrichtung, an der die
Öltanker ihre Fracht löschen können. Sie befindet sich im Hafen von
Portopí in Palma. Im Jahr 2005 wurden dort knapp 1'4 Millionen
Tonnen flüssige Mineralöl-Treibstoffe wie Benzin, Diesel und Heizöl
gelöscht. 113 Tankschiffe liefen den Hafen an, das macht im Schnitt
zwei pro Woche, so der Hafen-Statistiker Mateo Ginard.
Es liegt also auf der Hand: Sollte es hier zu einer Havarie
kommen, wäre die Versorgung der Insel mit Benzin, Diesel und Heizöl
in Gefahr.
Ähnlich sieht es mit der Gasversorgung aus. Nach Angaben des
Energieversorgers Gesa/Endesa gelangt es als Propan in flüssiger
Form mit Spezialschiffen nach Palma. Im Hafen von Portopí wird es
mit Luft angereichert, so dass es dieselbe Brenneigenschaft erhält
wie natürliches Erdgas. Dann wird es in das städtische Netz
eingespeist.
Eine gleichartige Anlage gibt es in Alcúdia. Dort wird nach
Angaben der Ha fenbehörde aus Gasfrachtern flüssiges Butan
angelandet. Es wird vor Ort in die orangefarbenen Butan-Gasflaschen
abgefüllt. Diese Flaschen werden von dort aus auch nach Ibiza und
Menorca geliefert. Im Jahre 2005 machten 40 Gasschiffe in Alcúdia
fest, knapp eines pro Woche.
Mit anderen Worten: Nahezu jeder Brennstoff wie Benzin, Gas,
Mineralöl oder Kohle muss von jenseits des Meeres nach Mallorca
herbeigeschafft werden. Die Eigenversorgung der Insel über
erneuerbare Energiequellen aus Wind und Sonnenlicht beschränkt sich
nach Angaben der Balearen-Regierung derzeit auf 3'5 Prozent.
Vor allem der einzige Energiekonzern auf Mallorca, Gesa-Endesa,
ist auf die Lieferungen angewiesen, um die Haushalte mit Strom
versorgen zu können. Beim 1960 eröffneten Kraftwerk Es Murterar bei
Alcúdia wird dazu noch immer weitgehend Kohle, zum Teil
angereichert mit Heizöl, verfeuert. Allein im vergangenen Jahr
waren dafür 1'18 Millionen Tonnen Kohle notwendig, sagte ein
Gesa-Sprecher. Der Brennstoff wird zum Teil aus Südafrika
bezogen.
Die delikate Energieversorgung der Insel ist seit Jahren eines
der Sorgenkinder jeder Balearen-Regierung. Doch die Zeichen stehen
gut, dass in naher Zukunft Abhilfe geschaffen ist. Die Balearen
sollen mit Hilfe eines Elektrokabels und einer Gasleitung im Meer
an die Versorgungsnetze des spanischen Festlandes angeschlossen
werden. Nach dem balearischen Energieplan soll die Gaspipeline
„gasoducte” bis 2008 vollendet sein, im Jahre 2011 ist die
Fertigstellung des „cable elèctric” vorgesehen. Die
Investitionskosten für beide Projekte belaufen sich auf jeweils 340
Millionen Euro.
Mallorca bliebe dann vermutlich verschont von jenen
großflächigen Stromausfällen, wenn in den Sommermonaten die
Nachfrage die Kapazitäten übersteigt. Denn bislang muss das Eiland
aufgrund seiner Isolation alleine klarkommen. Brennen die
Sicherungen durch, fällt die Sonneninsel ins Dunkel.
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