Eigentlich sollte die Finca zum Fest der Jahrtausendwende,
Silvester 2000, eingeweiht werden; Baubeginn war 1997 gewesen.
Sechs weitere Jahre, neun Jahre insgesamt, hat es dann schließlich
gedauert, bis Boris Becker sein Haus offiziell beziehen konnte.
Neun Jahre Planung, Widerstand der Behörden, Rechtsstreit,
Teilabrissverfügung, Ärger. Nichts als Ärger.
„Ich habe oft daran gedacht, aufzugeben”, sagt Becker vor den
120 Gästen, die seiner Einladung zum Fest auf dem Anwesen Can Coll
bei Artà im Nordosten der Insel gefolgt sind. Aber ein Becker gibt
nicht auf. Das hat die Tennislegende auf dem Court auch nie getan –
Boris hasst die Niederlage.
„Noch vor sieben Wochen”, erzählt Premiere-Fußballkommentator
Marcel Reif der staunenden Zuhörerschar, habe das ganze Gelände
ausgesehen wie eine Baustelle ganz zu Beginn der Arbeiten. Nichts
sei fertig gewesen; niemand habe für möglich gehalten, dass der
geplante Einweihungstermin 1. August gehalten werden könne.
Doch es gibt noch Wunder – und Menschen, die sie bewirken
können. Boris-Freund Stefan Blöcher, Chef von Golf de Andratx,
bringt Becker mit Matthias Kühn zusammen, dem wohl größten
Immobilienunternehmer der Insel. Der sieht sich das Chaos an und
beschließt spontan zu helfen.
Kühn will sich damit, wie er sagt, bei Boris Becker bedanken,
der sein sportliches Idol gewesen sei. Der Dank gelte auch dem
Einsatz Beckers für die Förderung des Mallorca-Tourismus.
Einen Spezialisten hat Kühn bereits an der Hand: Juan Mascaro,
der eines der größten und renommiertesten Bauunternehmen Mallorcas
mit 700 Beschäftigten führt. Seine Truppe greift durch. In sieben
Wochen wird aus der Baustelle eine großzügige, gepflegte Finca mit
mehreren Nebengebäuden (Haupthaus, Gästehaus, Kinderhaus,
Poolhaus), mit parkartigem Garten, großem Pool, viel Parkraum und
Hubschrauberlandeplatz.
Die Fahrt von der Landstraße nach Can Coll, wie der Landsitz
heißt, über staubige Feldwege dauert gut fünf Minuten. Dann tut
sich eine Oase auf in der steinigen Landschaft der Artà-Berge:
Grünflächen, Bäume, der türkis-blaue Pool mit fast olympischen
Ausmaßen, daneben das Poolhaus. Auf dem Hügel darüber thronen, von
hohen Bäumen umstanden, die Gebäude der Finca.
Am Pool empfängt der Hausherr seine zumeist ziemlich prominenten
Gäste. Ich überreiche Becker eine Acht-Liter-Flasche mit
mallorquinischem Kräuterlikör: Denn „Hierbas gehört auf jede Finca,
er passt in allen Lebenslagen”. Becker bedankt sich artig, während
Söhnchen Noah vernehmlich flüstert: „Papa, so eine haben wird doch
schon!” „Macht nichts”, sagt Papa, „die stellen wir eben in das
andere Haus!” Es wird Champagner gereicht, viele wählen angesichts
der Hitze aber lieber Wasser. Immer wieder lautes Hallo, wenn neue
Gäste kommen. Fotografen entern Matthias Kühns Hubschrauber, um
Finca und Party von oben zu verewigen.
Becker bittet MM, keine Fotos zu machen. Offenbar sind die
Rechte zum Beispiel an „Bunte” vergeben; auch ein Premiere-Team
darf eifrig drehen.
Die Stimmung nimmt Fahrt auf. Immer wieder Blitzlichtgewitter -
wenn Veronica Ferres erscheint oder Bundesverteidigungsminister
Franz Josef Jung.
Inzwischen beginnt es dunkel zu werden. Die Gäste werden hinauf
zur Finca gebeten. In dem rechteckigen Innenhof, der 1500
Quadratmeter messen mag, sind Achter-Tische aufgebaut. Sie tragen
Namen (am Tisch „Wimbledon” zum Beispiel sitzen Boris Becker und
seine Mutter Elvira und überraschend auch die Mutter seiner Tochter
Anna, Angela Ermakowa; oder an „Hollywood” Veronika Ferres und Uwe
Ochsenknecht.)
Der Platz ist mit Fackeln erleuchtet, rundherum ist das Buffet
aufgebaut, unter einer großen alten Steineiche hat sich die Band
postiert.
Was heißt hier Buffet? Küchen sind es, in denen die Mannschaft des
Nobelrestaurants Tristàn in Portals Nous unter Leitung von
Zwei-Sterne-Koch Gerhard Schwaiger Feinstes live zelebriert.
Tristàn Catering ist für fast alles zuständig: für das Essen,
für die Beleuchtung, für die Dekoration, für den Ton, für den
Service. „62 Personen sind heute abend im Einsatz”, berichtet
Geschäftsführer Claudio Marini, „der Aufbau hat drei Tage
gedauert.”
Das Ergebnis ist nicht nur kulinarisch eindrucksvoll. Das Team
hat Innenhof, Garten und Fassaden so prächtig wie geschmackvoll
illuminiert, dass Kühns Begleiterin Olga, durchaus Fest-verwöhnt,
staunend sagt: „Das ist ja wie im Märchen.”
Boris Becker begrüßt noch einmal alle Gäste zusammen. Er
erzählt, er habe als Kind immer gern „Bonanza” gesehen: „Den Traum
von der Ponderosa mit einem solchen Innenhof wollte ich mir schon
immer erfüllen.” Die Finca sei jetzt sein neues Zuhause, hier wolle
er den größten Teil des Jahres verbringen. Niemand seiner Zuhörer
schenkt mehr Pressegerüchten Glauben, wonach er das Anwesen nach
der Einweihung verkaufen wolle.
Dann zeigt Boris sein Wohnhaus. Söhnchen Noah durchschneidet ein
rotes Band vor der Tür, und dann drängen alle hinein. Das Haus ist
kleiner, bescheidener als erwartet, geschmackvoll-marokkanisch
eingerichtet. Gegenüber der Haustür die Tür zum Garten mit
baumumstandener Rasenfläche. Laute Musik kommt uns entgegen: Eine
Tanzfläche ist aufgebaut, hier werden die Gäste feiern, bis der Tag
anbricht.
Sie gehen ungern. Manche wohnen in Hotels der Umgebung, andere
fahren nach Palma zurück. In den Gedanken eins der schönsten
Feste, die Mallorca je erlebt hat. Und ein fröhlicher Boris Becker,
für den ein Traum endlich in Erfüllung gegangen ist.
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