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GABRIELE KUNZE Bauwerken geht es wie Menschen, die man eines Tages nicht mehr braucht und in den angeblich wohlverdienten Ruhestand schickt. Dann werden sie, nutzlos wie sie sind, entsprechend nutzlos geehrt. Der kleine, feine Unterschied: Bauwerke leben im allgemeinen länger, es dauert ein paar Jahrhunderte, bis man sie pensioniert. Leuchttürme sind Teil der Menschheitsgeschichte. Der bekannteste Leuchtturm des Altertums war der auf einer Insel vor dem ägyptischen Alexandria erbaute Leuchtturm von Pharos – Leuchttürme heißen im Spanischen heute immer noch „faro”. Er galt als eines der sieben Weltwunder der Antike; er stürzte um 1200 bei einem Erdbeben ein.

Der einzige bis heute aus dem Altertum erhaltene Leuchtturm ist der im nordspanischen La Coruña. Auf Mallorca wurde schon aus römischen Zeiten, also kurz vor Christi Geburt, von Leuchtfeuern aus der Region von Pollentia, dem heutigen Alcúdia berichtet. Vermutlich stand dieser Leuchtturm auf der östlichen, also Rom zugewandten Seite der Halbinsel La Victoria. Reste dieses Bauwerks sind heute nicht mehr zu finden.

Überhaupt wurden einst und jetzt Leuchttürme immer auf Landzungen, an sehr exponierten Orten am Meer, auf kleinen Inseln in Landnähe gebaut, genau dort, wo sie auch heute noch zu finden sind, auch wenn man sie kaum mehr braucht. Der Leuchtturm von Portopí tat 700 Jahre lang Dienst: ein Veteran, sozusagen der Dienstälteste im Hafen von Palma. Das bestätigt ein Dokument, das die Unterschrift des Königs von Mallorca trägt: Don Jaime II., Sohn des Erobererkönigs, empfahl im Jahre 1300 seinen Nachfolgern die Restauration der „turris faraone” von Portopí. Womit klar sein dürfte, dass das Bauwerk bereits eine Weile existierte; man hätte sonst nicht reparieren müssen.

Zu dieser Zeit dürfte der Turm sehr viel niedriger gewesen sein. 1369 baten die Ratsherren von Palma König Pedro IV, die „Wiederaufnahme” eines „Leuchtturmdienstes” verfügen zu wollen. Das ist offenbar geschehen, denn ein paar Jahre später, 1385, verfügte der königliche Statthalter von Mallorca per Dekret harte Strafen für jene, die dem Turm Schaden zufügten.

Im 15. Jahrhundert wurde bestimmt, dass nicht verkauftes Öl des „Banco de s'Oli”, eines staatlich überwachten Vertriebszentrums für Öl, an die Leuchttürme geliefert werden musste. Es gibt heute noch einen Platz gleichen Namens hinter der Plaça Major in Palma.

Die Leuchttürme waren für die Sicherheit von Fischern und Handelsschiffen unerlässlich, hatten natürlich aber auch strategische Bedeutung bei der Verteidigung. Entsprechend wurden die Türme geschützt. Wer die Glasscheiben der Öllampen, mit denen der Turm bestückt war, einwarf, kam für einen Tag bei Wasser und Brot ins Loch. Sofern es sich um einen Übeltäter unter zwölf Jahren handelte. War er älter, verlor er die rechte Hand. Soweit bei Randale am Tage. Nächtliche Rowdys kamen an den Galgen.

Das 16. Jahrhundert bescherte der Stadt Palma rege militärische Bautätigkeit, mächtige Mauern entstanden, das Castillo de San Carlos, dessen Wehrtürme jetzt den niederbeinigen alten Leuchtturm überragten.

Eine spätere Bauphase war 1617 abgeschlossen, der Turm hatte seine heutige Höhe erreicht und konnte den Schiffern heimleuchten.

Wie ein Leuchtturm vor gut 350 Jahren funktionierte? Als Lichtquelle dienten Öllampen, die von einem inneren und äußeren Kranz von Glasscheiben umgeben und gegen den Wind geschützt waren. Zwischen Allerheiligen und Ostern brannte das Leuchtfeuer allnächtlich, ein Dutzend Öllichter in ruhigen Nächten, bei Sturm doppelt so viele.

Die Lichtleistung allerdings hing von der Ölernte ab. Und, wie es heißt, auch von den Öllieferanten, die das Öl nicht immer lieferten, sondern auf eigene Rechnung verkauften.

1849 modernisierte man das Signalsystem und montierte Reflektoren aus Metall, 1913 brach man mit der Öllampe und ersetzte sie durch Paraffinbrenner. Das funktionierte bis 1926, als der Fortschritt in Gestalt von Elektrizität auch den Leuchtturmveteran überrollte: Um eine Lichtquelle von 1000 Watt drehten sich zwei Reflektorengruppen, wodurch alle 15 Sekunden Leuchtfeuer entstanden, die eine Reichweite von 27 Seemeilen hatten.

In unserer Zeit haben die modernen maritimen Signaltechniken die Leuchttürme überflüssig gemacht. Heute sind von den Leuchttürmen rund um die Insel, die in ihrer heutigen Form Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut wurden, noch drei bewohnt: Capdepera, Portocolom und Punta de L'Avancada bei Cala Rajada. Der Turm von Punta Salines dient der Meeresbeobachtung.

Die Hafenbehörden der Balearen wollen nun ein Programm starten, das die Leuchttürme wieder der Öffentlichkeit zugängig machen möchte, mit unterschiedlicher Nutzung, je nach Beschaffenheit des Turmes.

Leuchttürme auf Mallorca sind Bauwerke im Ruhestand. Sie gehören zum Bild der Insel wie Buchten und Strände, wie Kathedrale und Trockensteinmauern.