Zuerst kommt Bobtail-Hündin „Crazy” reingestürmt, es folgen, mit
halbstündiger Verspätung, dafür mit Apfelkuchen als Mitbringsel in
der Hand, Martin Semmelrogge (50) und Ehefrau Sonja (41): „Wir
mussten immer hinter einem Traktor herfahren.” Apropos Fahren: Das
darf Martin Semmelrogge schon wieder, zumindest hier auf Mallorca,
in Deutschland muss er damit noch ein paar Monate warten. Aber was
soll's? Er macht einen richtig glücklichen Eindruck und strahlt:
„Endlich wieder zu Hause!”
Auf sein Zuhause, ganz in der Nähe vom Strand Es Trenc, hat er
schließlich auch über zwei Jahre verzichten müssen. Die verbrachte
der Schauspieler in der Justizanstalt in Düsseldorf Gerresheim,
weil er mehrfach wegen Fahrens ohne Führerschein erwischt worden
war. In der vergangenen Woche wurde er nun wegen guter Führung nach
zwei Dritteln der Haftstrafe frühzeitig entlassen. Und „ab ging es
nach Mallorca”, wo Martin Semmelrogge bereits seit 2000 seinen
ersten Wohnsitz hat.
Am meisten vermisst habe er „die klare Luft, die Sonne und vor
allem das Meer. Ich liebe das Meer”. Schon als Kind, erzählt er,
war er mit seinen Eltern – sein Vater war der 1984 verstorbene
Schauspieler Willy Semmelrogge – häufig auf Amrum, auch Wyk auf
Föhr gefällt ihm sehr. Ansonsten möchte er lieber nach vorn
blicken, die ganze Knast-Zeit, Vorstrafenregister (28) oder
Rauschgiftmissbrauch hinter sich lassen: „Man muss auch Format
zeigen, wenn es mal nicht so läuft.”
Schließlich war er ja auch schon in den letzten zwei Jahren
Freigänger, konnte die Haftanstalt von morgens bis spätabends
verlassen – solange er die beiden wichtigsten Maxime erfüllte:
„Nüchternheit und Pünktlichkeit”. Sein Sohn Dustin (26), mit dem er
in der Zeit im Düsseldorfer „Theater an der Kö” im Stück „Kleine
Süchte – Aholics” auf der Bühne stand, hat ihn abends in sein
„Domizil” zurückgebracht: „Ich hab' immer versucht mir zu sagen:
Was soll's? Andere müssen auch auf 15 Quadratmetern mit Fernseher
in Düsseldorf übernachten.”
Schließlich war auch Ehefrau Sonja rund um die Uhr bei ihm, die
sich während dieser Zeit eine Wohnung in der Nähe nahm: „Was sollte
ich in der Zeit auf Mallorca?”, sagt sie. „Mein Mann ist mein
Zuhause.” Kein Wunder, dass die beiden auch nach acht Jahren Ehe
noch schwer verliebt wirken. Und fast alles gemeinsam machen – wie
auch das neueste Projekt: Martin Semmelrogges Autobiografie, die im
Herbst im LangenMüller-Verlag erscheinen soll. Es handelt sich
dabei – wie sollte es anders sein? – natürlich um keine „normale
Biografie” à la Bohlen oder Lauterbach, auch nicht um
Kollegenschelte: „Das kann ich nicht bringen.”
Stattdessen bringt Martin Semmelrogge – und die Leseprobe für
MM beweist es – witzige Anekdoten in 50 Kapiteln: „Wir
betten dabei die privaten Erlebnisse in die jeweilige
gesellschaftliche und politische Gesamtsituation ein”, erzählen die
beiden. „Auf diese Weise holen wir das Typische aus jedem Jahr
heraus.” So erfährt der Leser etwa über das Jahr 1956, dass just
ein Jahr nach Martins Geburt auch eine nicht unbedeutende
Institution das Licht der Welt erblickte: die Flensburger
Verkehrssünderkartei.
Wenn er nicht gerade mit seiner Frau schreibt, trainiert Martin
Semmelrogge im Marriott Son Antem oder im „Megasport”: Spinning,
Bodybuilding, Sauna. Oder er reitet am Strand von Es Trenc. Oder
lernt für neue Rollen wie demnächst für die Fortsetzung des
Kinofilms „Der Wixxer” in Prag. Schließlich müsse ein Schauspieler
seine Rolle immer neu interpretieren, manchmal seien auch kleine
Änderungen im Text nötig. Denn einige Sachen, sagt Martin
Semmelrogge, könne er nicht einfach so kopieren. Etwa den
Schwarzenegger-Spruch „Hasta la vista, Baby”. Da mache er dann sein
eigenes Ding draus, sagt Martin Semmelrogge: „Hasta la Knasta.”
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