Drehort: eine einsamen Finca in idyllischer Landschaft wenige
Kilometer außerhalb von Llucmajor. Soviel Betriebsamkeit hat es
hier bestimmt lange nicht gegeben. Mitten im staubigen Innenhof
sitzen an zwei langen Holztischen rund 30 Menschen, die meisten
Einheimische, so scheint's. Sie essen, lachen, unterhalten sich.
Plötzlich steht einer von ihnen auf, gibt dreimal lautstark
denselben – mallorquinischen – Satz von sich, setzt sich wieder,
die Gäste am Tisch schauen belustigt bis erschrocken. „Bona”, sagt
der mallorquinische Regisseur Rafael Cortés und kommt hinter der
Kamera hervor: „Bueno” – die Szene ist im Kasten.
Kurze Drehpause. Jetzt erhebt sich auch Schauspieler Heinz
Hoenig vom Tisch. Er ist der einzige deutsche Darsteller im
mallorquinischen Film „Yo”, den Rafael Cortés gerade auf der Insel
dreht. Der Film handelt von dem mysteriösen Deutschen „Hans”
(gespielt von Alex Brendemühl), der inkognito nach Mallorca kommt,
um hier ein neues Leben zu beginnen. Als Hausmeister quartiert er
sich bei einem anderen Deutschen ein, der sich, nach dem Namen
seines Hauses, „Sa Tanca” nennt (Heinz Hoenig).
Sukzessive übernimmt Hans in einem psychologischen Verwirrspiel
die Rolle des Hausherrn. „Ein toller Film – und ein wunderbarer
Regisseur, der noch viel vor sich hat”, befindet Heinz Hoenig, der
zum ersten Mal in einer mallorquinischen Produktion mitspielt. „Als
Rafael mich für die Rolle haben wollte, habe ich gern Ja gesagt,
denn ich war neugierig, ein mallorquinisches Team kennenzulernen.”
Die Dreharbeiten empfindet Heinz Hoenig als ungewöhnlich
harmonisch: „Das liegt an Rafaels Arbeitsstil und daran, dass auch
einige einheimische Laiendarsteller dabei sind.”
Auf Authenzität legt Regisseur Rafael Cortés viel Wert. So
spielt die eingangs beschriebene Filmszene auf der Finca seiner
Mutter, die – neben anderen Dorfbewohnern – auch gleich mit am
Tisch sitzt. Die Filmidee hat ebenfalls einen realen Hintergrund:
Sie stammt aus einer Kindheitserinnerung, als Rafael einen
deutschen Residenten verwirrt und blutüberströmt durchs Dorf
taumeln sah: „Wir haben uns gefragt, welche Geschichte sich wohl
dahinter verbergen könnte”, erzählt Hauptdarsteller Alex
Brendemühl, der, halb Spanier, halb Deutscher, in Barcelona lebt.
Gemeinsam mit Rafael Cortés, den er aus früheren Filmprojekten
kennt, schrieb er das Drehbuch: „Durch meine eigene Biografie kann
ich mich sicherlich in die verschiedenen Charaktere ganz gut
hineinversetzen, in ihre Bemühungen um Integration etwa, und die
Probleme, die es dabei gibt.”
Für beide ist es ein Experiment – auch Jungregisseur Cortés
dreht seinen ersten großen Film –, in das sie sechs Jahre
leidenschaftliche Arbeit gelegt haben: „Wir haben uns gewissermaßen
durchs ,try and error'-Prinzip immer näher an die Geschichte
herangewagt”, erzählt Alex Brendemühl. Das Besondere an dem Film,
sagt er, sei die Tatsache, dass der Stoff dem Protagonisten nicht
vorgeschrieben wurde, sondern sich aus ihm heraus entsteht: „Wir
haben viel mit Improvisation gearbeitet.” Die Filmemacher werden
von mehreren spanischen Institutionen wie dem Ministerium für
Kultur und dem Sender TV3 unterstützt. Alex Brendemühl hofft auch,
einen Verteiler für Deutschland zu finden: „Der Film ist gerade für
Festivals sehr geeignet.”
Dass bei den Dreharbeiten Spanisch und Mallorquin gesprochen
wird, ist für Heinz Hoenig kein Problem: „Ich selber spreche in dem
Film teils Deutsch, teils Spanisch.” Mit der Rolle des „Sa Tanca”
kann er sich gut identifizieren: „Die Figur hat Temperament – wie
ich.” Als Schauspieler freut er sich 2006 auf ein Road-Movie, das
er in Amerika drehen wird: „The last blast.” Vor allem will er sich
weiter für sein Projekt „Heinz der Stier” einsetzen, dessen
Aktivitäten in diesem Jahr noch verstärkt werden sollen. Privat
freut er sich auf das große „Western-Rodeo”, das am 24. September
(„An meinem Geburtstag”) in Palma stattfindet: „Natürlich in der
Stierkampf-Arena.”
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