Um 11.07 Uhr reißt der Himmel über Berlin auf. Aber es ist nicht
die Sonne, die durch eisiges Grau bricht. Es ist das blendend–weiße
Zahnpasta–Lächeln der russischen Tennisspielerin Anna Kournikova,
das mit einem Mal von der Gi– ga–Leinwand den Messestand der
Balearischen Inseln auf der Internationalen Tourismusbörse ITB
überstrahlt. Ungeduldig hatten am Donnerstag unzählige Kamerateams,
Fotografen und Messebesucher aus aller Welt auf diesen Moment
gewartet.
In der Messehalle 7.2b brummte es wie in einem Bienenkorb,
Bodyguards ließen niemanden zu nah an die junge Frau und die
Ehrengäste kommen. Eine sonnigere Repräsentantin als die blonde
Tennis–Beauty hätten die Balearenpolitiker zum Repräsentieren ihrer
Sonneninseln kaum finden können. Nahezu wie ein schüchterner
Schuljunge, der sich nervös über die Lippe leckt, stand
Tourismusminister Joan Flaquer neben der gutgewachsenen Sportlerin.
Ministerpräsident Jaume Matas und Umweltminister Joan Font sonnten
sich regelrecht im Glanz der prominenten Lady.
Die Politiker hatten allen Grund, sich aufgeräumt zu geben. So
lange sich Tourismusexperten erinnern können, waren die Prognosen
zur anstehenden Sommersaison noch nie so positiv ausgefallen.
Pünktlich zum Jubiläum der weltgrößten Reisemesse – die ITB findet
seit ihrer Gründung im Jahre 1966 zum 40. Mal statt – überboten
sich die deutschen Reiseveranstalter geradezu mit Jubelbotschaften:
Die Balearen, insbesondere Mallorca, ziehe die Bundesbürger an wie
schon lange nicht mehr. Die vier größten deutschen Reisekonzerne
vermelden allesamt Buchungszuwächse gegenüber dem Vorjahr von 20
bis 34 Prozent. „Hi”, begrüßte Anna Kournikova die Versammlung in
breitem US–Englisch und stellte gleich klar, dass sie nicht nur ein
paar Worte sprechen werde, da sie eine längere Rede vorbereitet
habe. „Bitte langweilen Sie sich nicht.” Dann legte sie los,
erzählte davon, wie schön Mallorca und die anderen balearischen
Inseln Menorca, Ibiza und Formentera seien. Zwischendurch wurde ins
Deutsche und Spanische gedolmetscht.
Angetan mit einer braunen Bluse, einem braunen Rock, der knapp
über dem Knie endete, und hohen Stöckelschuhen wirkte Anna
Kournikova locker, sympathisch, gewinnend, frisch. Der schwarze
Lidstrich um die Augen betonte die bekannten Qualitäten Kournikovas
als Fotomodell zusätzlich. „Ich war einmal kurz davor, auf Mallorca
ein Haus zu kaufen. Vielleicht klappt es ja später einmal, hoffe
ich.” Mallorca und die Balearen sind nach Kournikovas Worten der
ideale Ort, um im milden Mittelmeerklima ebenso entspannen wie
Sport treiben zu können. Die Profispielerin vertauschte dabei im
übertragenen Sinne den Tennis– mit dem Golfschläger, um auf der ITB
die Werbetrommel für das Turnier „Mallorca Classic 2006” zu rühren.
Das internationale Turnier zählt zu den Höhepunkten der Golfsaison.
Als vorletzte Station der europäischen PGA–Tournee findet es vom
19. bis 22 Oktober auf dem Golfplatz Pula Golf in Son Servera
statt. Sie selbst, sagt Kournikova, habe im Osten der Insel
wiederholt trainiert, Urlaube genossen und eine wunderbare Zeit
verbracht.
Anna Kournikova hat ihre Sache gut gemacht, urteilte ein
spanischer Touristiker am Rande der ITB. „Sie ist jung, hübsch,
sympathisch. Was will man mehr?” Andere äußerten Zweifel, ob sie
die richtigePerson gewesen sei, die deutsche Öffentlichkeit
anzusprechen. „Franz Beckenbauer oder Oliver Kahn urlauben und
trainieren auch auf Mallorca. Wenn man die engagiert hätte,
insbesondere so kurz vor der WM, wäre die Bude aus allen Nähten
geplatzt”.
Ob mit oder ohne die junge Russin, den mallorquinischen
Hoteliers steht schon jetzt ein heißer Sommer bevor. Insbesondere
der Juni ist trotz oder gerade wegen der Fußball–WM gebucht wie
seit langem nicht mehr. Mit einem Buchungsplus von 34 Prozent für
den Sommer im Vergleich zum Vorjahr wartet Deutschlands größter und
einziger börsennotierter Reisekonzern, die TUI AG, auf. Thomas
Cook, mit seinen Unternehmenstöchtern Condor und Neckermann die
Nummer zwei der Branche, führt ein Balearenplus von 25 Prozent an.
Die Rewe–Touristik, Nummer drei im Reisesektor, nennt 20 Prozent
plus für Mallorca. Alltours, branchenvierter, mehr als 20 Prozent.
Alltours–Chef Willi Verhuven weiß allerdings ein paar Tropfen
Wermut in die allgemeine Euphorie zu schütten. „Der Grund dafür,
dass die Inseln so gut dastehen, ist eigentlich nur die Schwäche
der Türkei.” Eine Einschätzung, die der balearische
Tourismusminister Joan Flaquer in einer anschließenden
Pressekonferenz nicht teilte. Sicherlich haben Negativ–Schlagzeilen
wie Vogelgrippe und Mohammed– Karikaturen zu einem veränderten
Buchungsverhalten hin zum westlichen Mittelmeer geführt. Davon
hätten aber alle spanischen Regionen profitiert. Auf den Insen
falle der Zu– wachs jedoch deutlich höher aus. Das hänge mit
anderen Faktoren zusammen. „Wir haben den deutschen Markt
zurückerobert, durch harte Arbeit an uns, an unserem Image und
durch den Dialog mit den Hoteliers.” Flaquer ist zuversichtlich,
dass im gesamten Jahresverlauf zehn Prozent mehr Deutsche auf die
Balearen kommen werden. Waren es 2005 rund 3'8 Millionen
Bundesbürger, werden es 2006 über vier Millionen sein.
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