Dort sein, wo der Rotwein besser, der Sommer länger und das
Leben weniger hektisch ist: Diesen Traum wollen sich immer mehr
Deutsche nicht nur in der Urlaubszeit, sondern jeden Tag erfüllen.
Strand, Meernähe und angenehmes Klima stehen ganz oben auf der
Wunschliste bei der Suche nach einem neuen Zuhause im Süden.
Spanien, und vor allem auch Mallorca, stehen dabei an der Spitze
der Beliebtheitsskala. Für viele ist der Umzug auf die Insel ein
Lebenstraum, den sie sich erst im dritten Lebensabschnitt erfüllen
können. So kommt es, dass fast die Hälfte der deutschen Residenten
auf den Balearen über 55 Jahre alt ist.
Laut einer LBS-Studie hatten bereits im Jahr 2002 mehr als
600.000 Bundesbürger ihr eigenes Haus im Ausland. Davon etwa ein
Zehntel auf Mallorca. Trotz der Wirtschaftskrise in Deutschland hat
sich an der Zahl und der Altersstruktur der deutschen Residenten
auf Mallorca in den vergangenen vier, fünf Jahren kaum etwas
geändert. Laut dem Migrationsexperten Pere Salvà, der den Zuzug der
Ausländer nach Mallorca schon seit vielen Jahren erforscht, leben
derzeit 30.000 Deutsche fest auf der Insel, weitere 28.000 Deutsche
verbringen sechs bis zwölf Monate im Jahr hier. Er geht davon aus,
dass es den meisten in finanzieller Hinsicht gut geht. Knapp die
Hälfte bezieht Geld aus Deutschland, entweder aus Einkünften oder
Kapital oder Renten.
Auf längere Sicht könnte sich an der Altersstruktur der
Deutschen auf Mallorca etwas ändern: Denn die Insel entwickelt sich
vom „Neu-Florida Europas” zum „Neu-Kalifornien Europas” – vom
Rentnerparadies zur Einwanderungsregion für jüngere Leute, die
Arbeit suchen. Bereits 2002 nannten 27 Prozent der deutschen
Neubürger die Arbeit als ausschlaggebend für den Umzug auf die
Balearen. Die allermeisten Deutschen auf Mallorca, so die Studie
weiter, fühlen sich auf Mallorca so wohl, dass sie für immer
bleiben wollen.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Neben Klima, Meerblick,
internationalem Ambiente und mediterraner Lebensart sind es die
hervorragende Fluganbindung und die gute Infrastruktur in allen
Lebensbereichen, die die Insel im Vergleich zu manch anderem Platz
an der Sonne so attraktiv machen. Es gibt Seniorenresidenzen,
Pflegedienst und seit neuestem auch einen Senioren-Service, der vom
Behördengang über Telefonseelsorge bis hin zur Vermittlung von
Wohngemeinschaften für Ältere alles Mögliche erledigt. Selbst für
das hohe Alter und den Krankheitsfall gibt es hier vergleichsweise
angenehme Lösungen, die allerdings selten billiger sind als in
Deutschland. Wer seinen Ruhestand zu knapp kalkuliert, kann gerade
im Ausland leicht und unter Umständen noch schlimmer in Not geraten
als in der Heimat. Das deutsche Konsulat beobachtet solche
Härtefälle besonders häufig unter Deutschen, die schon lange auf
Mallorca leben und hier alt geworden sind. Bei einer Umfrage unter
europäischen Senioren über 65 Jahren gaben immerhin 17'5 Prozent
finanzielle Probleme an.
Es ist aber nicht nur das Geld, von dem abhängt, ob der Traum
vom schönen Lebensabend auch tatsächlich gelingt. „Es ist ganz
wichtig, auch im Alter noch Visionen und Ziele zu haben”, sagt
Diplom-Psychologin Sabrina Steck, die auf Mallorca einen
Coaching-Service betreibt. Sie rät, sich eine Aufgabe zu suchen,
damit keine Langeweile aufkommt, „sonst kann der schönste Fleck zur
Einöde werden”. Sich vorzunehmen, sich im beruflichen Ruhestand
„endlich Ruhe” zu gönnen, sei „wider die menschliche Entwicklung”.
Die wenigsten Menschen könnten mit absoluter Freiheit richtig
umgehen. Viele entwickeln sich aber in einem vorgegebenen Rahmen
prächtig.
Unter älteren Menschen sei auch Einsamkeit ein wichtiges Thema.
„Häufig wird sie aber nicht zugegeben, sondern mit Geschäftigkeit
überdeckt.” Sabrina Steck gehört selbst zu denen, die Mallorca als
neue Heimat auserkoren haben. „Man sollte seine Wünsche nicht aufs
Alter verschieben”, rät sie. „Ich lebe meinen Traum. Das kann jeder
sagen, in jedem Alter.”
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