Nur 24 Stunden weilte Rudolf Scharping auf Mallorca. Und mit
großem Vergnügen hätte er sich am Sonntag aufs Rad gesetzt. Doch
daran war nicht zu denken. „Ich wäre schon gerne ein paar Kilometer
gefahren, aber wenn man so eine starke Erkältung hat wie ich im
Moment, dann macht das keinen Sinn”, so der ehemalige
Verteidigungsminister im MM-Gespräch.
Wie in fast jedem Jahr besuchte der Ex-Politiker, der heute als
Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) für die Belange
seiner Sportfreunde eintritt, das Trainingslager des
T-Mobile-Teams. „Ich habe die Zeit genutzt, mit Fahrern und
sportlichen Betreuern zu reden, dabei unter anderem auch
Radsportfragen, die für den BDR wichtig sind, zu erläutern.” Mit
dem Team T-Mobile, beziehungsweise mit dem früheren Telekom-Team
ist Scharping seit langem freundschaftlich verbunden. „Das sind
gewachsene Verbindungen, die sich aber nicht exklusiv auf T-Mobile
beschränken”, meint Scharping, der Jan Ullrich als einen „guten
Bekannten” bezeichnet und natürlich hofft, dass dieser die Tour de
France zu zweiten Mal gewinnen kann. „Die Stimmung im Team ist sehr
harmonisch, relaxt, aber auch konzentriert. Jan Ullrich ist
offenbar sehr gut drauf. Aber wir haben jetzt Januar, und die Tour
ist im Juli. Das ist noch eine lange Strecke.”
Rudolf Scharping lebt mit seiner Frau Kristina Gräfin Pilati in
Frankfurt am Main, ist beteiligt an einer Firma, die Unternehmen in
strategischen Fragen berät und hat eine Professur für
internationale Politik in den USA. Viel Zeit widmet er aber seiner
Funktion als BDR-Präsident. „Mir geht es jetzt darum, dem Radsport,
der mir sehr viel Freude bereitet hat, etwas zurückzugeben. Der
Radsport ist die populärste Freizeitsportart in Deutschland. Über
40 Millionen Menschen fahren regelmäßig Rad. Aus
unterschiedlichsten Gründen.”
Den Politiker Rudolf Scharping gibt es nicht mehr. Der 58jährige
verzichtete im vergangenen Jahr auf eine erneute Kandidatur für den
Bundestag. Er hat inzwischen kein Amt mehr inne. „Ich finde, wenn
man den Schnitt macht, dann sollte man ihn konsequent machen. Das
habe ich getan.” Ein Comeback auf die politische Bühne schließt
Scharping, der unter anderem SPD-Vorsitzender, Kanzlerkandidat,
Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, Verteidigungsminister und
Ministerpräsident war, aus. „Keine Ämter mehr. Davon hatte ich
genug. Was bleibt, sind die Überzeugungen und die Einsichten. Die
sind das Wichtigste.” Nach Mallorca wird Scharping schon bald
zurückkehren, und dann auch wieder auf dem Rennrad unterwegs sein.
Er kennt die Insel seit fast 30 Jahren, außerdem haben Scharping
und seine Frau einen festen Wohnsitz in Colònia de Sant Jordi. Ihre
Abende verbringen die beiden gerne im „Blau” in Colònia oder im
„Ca'n Pep” in Sa Ràpita. „Wir genießen frische Meeresfrüchte.”
Scharpings Begeisterung für die Insel ist ungebrochen. Und das,
obwohl hier die umstrittenen Pool-Fotos von ihm und seiner heutigen
Frau entstanden, die für viele den Anfang vom Ende der
Polit-Karriere des Rudolf Scharping kennzeichnen. Wie sieht er
heute die Geschichte mit den Fotos. „Interessiert mich nicht. Das
ist Vergangenheit – vorbei.”
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