Wenn an diesem Sonntag in Deutschland die Nation versammelt vor
dem Fernseher sitzt, um die ersten Hochrechnungen zur Wahl zu
erfahren, dann geht an der Playa die Party einfach weiter – egal,
wie das Ergebnis auch ausfallen wird. „Die Leute hier wollen
feiern, sonst nichts”, sagt Andy Bucher, PR-Chef des
Vergnügungstempels Megapark. Die Politik bleibt für die Touristen
dort, wo Alltag ist, in Deutschland.
Für die deutschen Residenten auf Mallorca sieht die Sache etwas
anders aus: Sie haben heftig mitdiskutiert, wenn es um die Frage
ging, von wem ihr Heimatland regiert werden soll, vor allem, weil
sich die dortige wirtschaftliche Lage über den Tourismus auch auf
die Insel auswirkt. Ob ein Regierungswechsel den Aufschwung bringen
kann und wer der bessere Kanzler wäre – darüber gehen die Meinungen
hier ebenso auseinander wie in Deutschland.
Kalt lässt die Wahl kaum jemanden: „Ich habe selten ein so
starkes Interesse erlebt”, sagt Yo Petit, Wortführer des Clubs
„Amigos en Mallorca”. Im Kreise der Mitglieder sei sehr heftig und
sehr kontrovers diskutiert worden. In den Streitgesprächen sei es
allerdings mehr um persönliche Sympathien für die Kanzlerkandidaten
gegangen als um Parteiprogramme. Besonders hoch wogten die
Emotionen in Port d'Andratx, wo eine Unternehmerin nach einer
Meinungsäußerung im MM zur Wahl feige Schmähanrufe
erhielt.
Horst Abel, der sich kurzfristig als Ansprechpartner des
CDU-Freundeskreises auf Mallorca verpflichten ließ, um Wähler zu
mobilisieren, glaubt dennoch: „Das Interesse an der Wahl ist
gering.” Und das könne er auch gut verstehen, denn langjährige
Mallorca-Residenten hätten zu den Kandidaten in ihrem früheren
Wohnort keine Beziehung, zum anderen „ist im Bundestag niemand für
die speziellen Bedürfnisse der Deutschen im Ausland zuständig”.
Er frage sich, „ob es künftig nicht möglich ist, für die
Auslandsdeutschen einen speziellen Kandidaten zur Verfügung zu
stellen”. Die Deutschen auf Mallorca seien „abgeschrieben”, das
sehe man am Thema Schule: „Auf Mallorca gibt es 1000 Kinder mit
deutschem Pass, aber der Staat drückt nicht einen Euro ab. Auch die
Versorgung von in Not geratenen Deutschen ist katastrophal.”
Horst Abel hat etwa 1000 Anträge zur Briefwahl drucken und in
seinen Geschäften verteilen lassen. Und das deutsche Konsulat hatte
200 Anträge angefordert. Der Bedarf sei nach den Erfahrungen der
letzten Wahl geschätzt worden, so Konsulin Karin Köller. Laut ihren
Mitarbeitern war das Interesse an den Anträgen zunächst verhalten,
es sei in den Tagen nach dem Fernsehduell Merkel-Schröder aber
sprunghaft angestiegen.
Für manchen kam der Wille zur Wahl dann allerdings doch noch zu
spät. Karin Köller betont, dass die Deutschen auf Mallorca
rechtzeitig über die Medien informiert worden seien und dass der
Bürger, der sein Wahlrecht ausüben will, auch die Pflicht habe,
sich zu informieren.
Theoretisch sind die zirke 60.000 Deutschen, die mehr oder
weniger fest auf Mallorca leben, für die Parteien eine interessante
Zielgruppe. Ob Wahl-Appelle an Auslandsdeutsche aber tatsächlich
die erhofften Stimmen bringen, darf bezweifelt werden: An der
letzten Bundestagswahl beteiligten sich nur 50.000 von 800.000
Auslandsdeutschen in der ganzen Welt.
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