Kaum ein Thema hat sich in den vergangenen Wochen so hartnäckig
in der deutschen Medienlandschaft festgesetzt wie die Diskussion um
Feinstaub. Seit dem 1. Januar 2005 sind EU-weite Höchstwerte in
Kraft, die vor allem in den Großstädten kaum einhaltbar sind. Die
EU-Verordnung sieht vor, dass eine Höchstbelastung von 50
Mikrogramm (0'00005g) Feinstaub pro Kubikmeter Luft nur an maximal
35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Als Feinstaub gelten
dabei alle in der Luft befindlichen Partikel, die einen kleineren
Durchmesser als 10 Mikrometer haben.
Diese sind deshalb so gefährlich, weil sie von den natürlichen
Filtern in den menschlichen Atemwegen nicht absorbiert werden
können und sich in der Lunge festsetzen. Vor allem die
krebserregenden Ruß- partikel aus Auspuffen, insbesondere bei
Dieselfahrzeugen, stehen im Rampenlicht der Kritik.
Was in Deutschland die Gemüter erhitzt, lässt auf Mallorca alle
kalt. Feinstaub ist auf der Insel kein Thema. Und das, obwohl Palma
ein besonders hohes Verkaufsaufkommen aufweist. Mehr als das
Feinstaubproblem macht den Inseln die Einhaltung des
Kyoto-Protokolls zu schaffen, das eine drastische Einschränkung der
Emissionen vorsieht. Schwerindustrie gibt es auf den Balearen zwar
nicht, dafür aber pro Einwohner fast ein Auto.
„In der Feinstaubstatistik”, so Patricia Conrado, „haben wir
allerdings aufgrund des Verkehrsaufkommens keine Probleme.” Die
Leiterin der erst vor wenigen Wochen vom balearischen
Umweltministerium ins Leben gerufenen Klimaschutz-Behörde ist unter
anderem für die Auswertung der von den beiden Messstellen im
Stadtpark Bellver und an den Avenidas (Ecke Calle Manacor)
ermittelten Werte zuständig. Darüber steht eine mobile Messstation
bereit.
Das Elektrizitätswerk führt in regelmäßigen Intervallen eigene
Messungen rund um die Kraftwerke durch, und die Luftzusammensetzung
in der Umgebung der Müllverbrennungsanlage Son Reus wird ebenfalls
separat analysiert.
Auch die hiesigen Umweltschützer, allen voran GOB, wittern keine
Gefahr im Verzug und verzichten in Sachen Feinstaub aus
Kostengründen auf eigene Messungen. Sie hoffen auf die
Glaubwürdigkeit der verantwortlichen Behörden.
„Im vergangenen Jahr wurde der damalige gesetzlich zulässige
Grenzwert von 55 Mikrogramm Feinstaub in der Station von Bellver
zehn- und in der Stadtmitte neunmal überschritten”, so Conrado.
Dies habe aber immer im Zusammenhang mit Niederschlägen von
Sahara-Sand gestanden. Der aktuelle Grenzwert von 50 Mikrogramm
Feinstaub pro Kubikmeter Luft wurde in diesem Jahr dreimal
überschritten.
Am 21., 22. und 23. März registrierten die beiden Messstationen
unzulässige Konzentrationen. „Auch da hatten wir Schlammregen”. Der
höchste Wert wurde dabei mit 105 Mikrogramm Feinstaub pro
Kubikmeter Luft am 21. März im Bellverwald registriert.
Im allgemeinen, so Conrado weiter, gebe es im Jahresverlauf kaum
Schwankungen bezüglich der Feinstaubbelastung. Ob während der
Rushhour oder im Morgengrauen, „die Werte weichen kaum voneinander
ab.” Im vergangenen Jahr lag die durchschnittliche Feinstaubmenge
pro Stunde in Palmas Zentrum bei 29 und im Bellverpark bei 25
Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die Inselsituation begünstige
geringe Schadstoffkonzentrationen.
Neben Feinstaub werden in den beiden festen Stationen auch die
Werte für Schwefeldioxyd, Kohlenmonoxyd, Stickstoffe, Ozon und Gase
organischen Ursprungs gemessen. „Da haben wir noch nie die
zulässigen Höchstgrenzen überschritten.”
Die Daten werden automatisch jede Stunde per Funk in das
balearische Umweltministerium übertragen und dort ausgewertet. Alle
drei Monate werden die Ergebnisse an das spanische
Umweltministerium in Madrid weitergeleitet und von dort zur EU nach
Brüssel.
„Die Feinstaubproblematik muss eigentlich im weltweiten
Zusammenhang betrachtet werden”, meint Victor Cerdà, Professor für
analytische Chemie an der Balearen-Uni. „Aufgrund der Windströme
fliegen die Partikel rund um den Globus. So kann es vorkommen, dass
wir auf Mallorca auf Substanzen stoßen – wenngleich in extrem
geringen Mengen –, die nicht von der Insel stammen können, da wir
hier keine für deren Ausstoß verantwortliche Industrie haben.”
Selbst Feinstaub aus Deutschland könnte theoretisch in Palma
eingeatmet werden.
Jeder Bürger hat das Recht, sich in Europa über die
Schadstoffkonzentration der Luft zu informieren. Die Daten dürfen
nicht geheimgehalten werden. In Palma geht dies sogar besonders
einfach. Im Eingangsbereich des Umweltministeriums in der Avenida
Gabriel Villalonga, 33, steht ein Terminal. Dort können die
aktuellen Werte der beiden Messstationen abgerufen werden. Die
Menüführung ist in Catalan. Auch die Werte der vergangenen Monate
können dort in anschaulichen Diagrammen eingesehen werden.
Auf den elektronischen Infotafeln in den Avenidas werden neben
Stauangaben auch die Luftwerte veröffentlicht. Allerdings nicht
wissenschaftlich exakt, sondern mit Noten von sehr gut bis sehr
schlecht. Aber schlechte, sprich, gesundheitsschädliche Luft, gibt
es auf Mallorca gemäß dem hiesigen Umweltministerium ohnehin
nicht.
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